Johannas Fest: Das Revival der Dosen-Ananas

Als der Toast Hawaii Einzug in heimische Kaffee- und Gasthäuser hielt, brachte er einen Hauch von Südseezauber auf die Teller jener Mehrheit, die sich keine Reisen an die Originalschauplätze leisten konnten.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Der Retroboom erfasst nicht nur Design, Möbel und Mode: Sehnsucht nach der Vergangenheit äußert sich auch in der Wiederentdeckung verschwundener Speisen-Klassiker etwa der Nachkriegszeit.

Ich erinnere mich an eine liebe Tante. Sie war als Vorstandssekretärin bei der AUA voll berufstätig und schupfte nebenher Haushalt und Kind. Bei ihr waren wir immer wieder zu dreigängigen Menüs eingeladen. „Ach, ist ja ganz einfach. Geht alles ganz schnell“, kommentierte Elli, was sie wieder gezaubert hat: Als Ouvertüre gab es immer ein Glas Sekt, Soletti und einen selbst gemachten Aufstrich. Oft folgte ein Krabbencocktail-Salat mit Ananasstückchen aus der Dose als Vorspeise, Putengeschnetzeltes mit Reis kredenzte sie zum Hauptgang und Eis mit Früchten als Dessert. Speisen zuzubereiten musste schnell gehen, das Ergebnis optisch bunt und ansprechend sein und ein Hauch von Exotik (Ananas aus der Dose!) sollte nicht fehlen. Nicht selten gab es nach dem Essen einen Party-Igel mit aufgespießten Käse-Stückchen zu einer Dia-Vorführung von ihrer letzten Fernreise. Dank Ellis beruflicher Position konnten sie und ihre Familie schließlich um ein Taschengeld in die entlegensten Winkel der Welt fliegen.

– Mein Mann überrascht mich immer wieder mit kulinarischen Wünschen, die er meist in eine Provokation verpackt: „Du, ich hätte so gerne einmal Russische Eier. Kannst du das überhaupt, so richtig mit Kapern und Sardellenringerl?“, fragt der Göttergatte. Das ist an sich eine Frechheit. – Fähig bin ich schon, ich mach’s nur nie!

Aloha-Spirit

Am Dienstag vergangener Woche führte der hauben- und sternegekrönte Koch Thomas Dorfer vom Landhaus Bacher in der TV-Sendung „Silvia kocht“ die Zubereitung eines Gabelbissens auf Haubenniveau vor. Das ansprechende optische Ergebnis gepaart mit meinen sensorischen Kindheitserinnerungen entfachte auch bei mir Lust zur Nachahmung. Kochtechnisch ist dieser Imbiss ja keine allzu große Herausforderung: selbst gemachte Mayonnaise, Erbsen, Karotten, Gurkerln, Scheiben vom harten Ei, wahlweise Wurst, Schinken oder Hering und das alles unter Aspik versiegelt.

Ausgefallen ist ja nur die Idee, das – was man nur selten einmal aus dem Kühlregal des Supermarktes fertig mitnimmt – selbst zu machen.

– Sonntag vor einer Woche outete Axel Halbhuber in seiner Kolumne „Über den Tellerrand“, dass ihm der längst vergessene Toast Hawaii sehr abgehe. Im Fall eines Reiseredakteurs, der wohl in seinem noch jungen Leben bereits drei Mal rund um den Erdball gekommen ist, überrascht die Aussage. Höchstwahrscheinlich hängt diese Sehnsucht eher mit verklärten Kindheitserinnerungen, als mit dem nach einer langen Reisekarenz entstandenen Fernweh zusammen.

Als der Toast Hawaii Einzug in heimische Kaffee- und Gasthäuser hielt (das war im Jahr 1955) brachte er einen Hauch von Südseezauber auf die Teller jener Mehrheit, die sich keine Reisen an die Originalschauplätze leisten konnten. Galt der belegte und überbackene Vier-Komponenten-Snack aus Brot, Schinken, Käse und Ananas in den 1950er- und 1960er-Jahren als hipper Gaumenschmeichler, verkam er gleichzeitig mit dem Einzug von Haute Cuisine und Slow Food zum Inbegriff der Don’ts auf Speisekarten von Gasthäusern, die auf sich hielten.

– Was ich im Juni vorhabe? Wir machen ein Fest mit Ukulele-Musik, einem Retro-Buffet vom Käse-Igel, über Schinkenrollen und Gabelbissen bis hin zum Toast Hawaii. Aloha!

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