Immerstes Gebot, in keinster Weise

"ÜberLeben": Was man von Landeshymnen lernen kann.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Hymnen sind ja in Wahrheit ungesungene Lieder. Die wenigsten Familien beginnen den Tag mit dem Absingen der Bundeshymne (also entweder „Land der Berge“ oder „I Am From Austria“ oder „Immer wieder Österreich“). Die einzige Berufsgruppe, die regelmäßig Hymnen singt, sind Nationalteamfußballer. (Deshalb ist ja auch die Aufregung um die „Töchter“ in der Hymne eher kurios, kaum jemand muss die Töchter besingen.)

Ein Sonderfall sind die Landeshymnen – sie kommen faktisch nur beim Eröffnen von Kreisverkehren  oder Landtagsfestsitzungen zum Einsatz. Oder in Volksschulen, wenn man die Schüler ein wenig quälen will.

Ich kann „meine“ Landeshymne auswendig: Oh Heimat, dich zu lieben, getreu in Glück und Not, im Herzen steht’s geschrie-hie-ben, als innerstes Gebot. In der zweiten Klasse bekamen wir die niederösterreichische Hymne als Diktat (damals hieß das noch „Ansage“). Und da mir der Begriff „innerstes Gebot“ unbekannt war, verstand ich „immerstes Gebot“ und schrieb das ins Schulübungsheft. (Gibt es das Wort „Schulübungsheft“ noch, oder ist dieser Ausdruck inzwischen vergessen, so wie „Tintentod“, „Löschblatt“ und „Linienspiegel“?)

„Immerst“ erschien mir damals logisch, ich las zu dieser Zeit gerne alte Märchenbücher und hielt „immerst“ für eine altmodische Variante von „ewig“. Meine Lehrerin hingegen dachte, ich wolle sie verarschen und reagierte ziemlich unwirsch. (Unwirsch ist auch so ein altes Wort, das langsam ausstirbt. Bei unwirsch frage ich mich immer: Warum gibt es das Wort unwirsch, aber nicht wirsch? Wenn unwirsch bedeutet, nicht wirsch zu sein, was heißt dann eigentlich wirsch?)

Heute weiß ich natürlich, dass man „immer“ nicht steigern kann. Genau so wie „kein“. Trotzdem sagen Politiker ständig „in keinster Weise“ (meistens dann, wenn sie schwindeln). In keinster Weise heißt: Kein, keiner, am keinsten, also noch nichter als nicht.

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