Hunde kennen keinen Muttertag

Hunde kennen keinen Muttertag
Wenn Daria den „Ich-sag-gleich-ein-Muttertagsgedicht-Blick“ aufsetzt, bin ich verloren.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Dem Beagle kommt das Kindchenschema auch im Alter nicht abhanden: viel zu große Ohren, riesige, dunkle Augen – und ein Blick zum Steinerweichen. Wer kann da Nein sagen?

Wenn Daria wieder einmal ihren „Ich-sag-jetzt-gleich-ein-Muttertagsgedicht-Blick“ aufsetzt, bin ich rettungslos verloren. Denn ich muss dann herzhaft lachen. Und wer lacht, der zürnt nicht.

Daria nützt das natürlich schamlos aus. Ich glaube, sie weiß, dass meine der Pubertät entwachsenen Kinder den „Gleich-kommt-das-Muttertagsgedicht-Blick“ aus Kindergartentagen nicht mehr im Repertoire haben. Daher setzt sie diesen Blick ihrerseits gekonnt zur Durchsetzung ihrer Ziele ein. Und zwar immer dann, wenn sie merkt, dass sie mit Sturheit nicht weiter kommt.

Was lernen wir daraus? Erstens: Sturheit führt zu Frontenverhärtung, der weiche Blick zum Erfolg. Zweitens: Der Hund ist zwar nicht mein Kind, bleibt aber deutlich länger in dieser Rolle als die Kinder.

Schluss mit Hotel Mama

Und das, obwohl die soziale Abnabelung beim Hund sehr konsequent erfolgt. Oder gerade deshalb. Daria kam mit neun Wochen zu uns. Bis dahin hingen sie und ihre Geschwister an der Hundemama, was diese mit liebevoller Strenge – manchmal auch Gereiztheit, die sie deutlich Grenzen setzen ließ – gerne und selbstverständlich über sich ergehen ließ.

Dann war Schluss mit Hotel Mama. Wir besuchten Darias Hundemama und Hundeoma regelmäßig, aber es waren stets Begegnungen auf Augenhöhe. Keine versuchte mehr, die andere zu erziehen. Da trafen einander Hundefrauen mit demselben Stallgeruch, aber ohne Generationskonflikte.

Geborgenheit, Wärme, Langmut, Versorgung und unerschütterliche Liebe lebenslänglich, die bei Zweibeinern konsequent den Müttern zugeschrieben wird, sucht (und findet) Daria bei ihrem Herrl – und wenn Not am Mann ist, gern auch einmal bei mir, ich spiele die zweite Geige, bin aber Einspringerin für die erste Geige. So orchestriert Daria ihr Leben, ohne emotionale oder kulinarische Einbußen hinnehmen zu müssen, obwohl wir ihre Mama und seit Kurzem auch ihre Methusalem-alt gewordene Oma in diesem Leben nicht mehr besuchen können.

Was lernen wir daraus? „Hotel Mama“ ist überall dort, wo die Liebe wohnt.

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