Herbert Prohaska, sein Hündchen und ich

"ÜberLeben": Seinen Idolen zu begegnen, ist meistens erfreulich.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Teil der Bezahlung im Journalismus ist ja: Im Idealfall darf man  seinen Idolen begegnen. Mein Ziel, als ich Kulturjournalist wurde, war: Keith Richards treffen. Das ist mir bis heute nicht gelungen. Dafür durfte ich eine Stunde lang mit Paul McCartney telefonieren, mit den Knaben von The Prodigy eine komische Zigarette rauchen (danach fehlen mir zwei Stunden an Erinnerungen), mit Bryan Adams in dessen Hotelbett sitzend Marmeladetoasts essen und mit Hans Krankl HipHop hören.

Als ich ein Kind war, lautete mein Berufswunsch „Hans Krankl“. Ich wollte die Nummer 9 tragen, einen Schnurrbart besitzen und Tore schießen. Ich habe täglich stundenlang mit meinen Freunden auf dem asphaltierten Platz vor der Feuerwehr Hinterbrühl gekickt, trotzdem wurde kein Fußballer aus mir. Ich war Brillenträger, sah den Ball nicht richtig, bewegte mich linkisch und lief, um einen Freund zu zitieren, als hätte ich die Schluckimpfung vergessen. Wie viele Menschen scheiterte ich aber daran, mein Selbstbild mithilfe der Realität zu korrigieren (Castingshows wie „Starmania“ leben von diesem Phänomen), sprich: Ich sah mich selbst als begnadeten Fußballer.  Ich übte sogar Krankls Torjubel – der rechte Arm reckt mit geschwollenem Bizeps die Faust gen Himmel – und zumindest das bekam ich gut hin.

Den Herbert Prohaska konnte ich damals nicht leiden. Erstens war er Austrianer, zweitens führte er mir vor Augen, dass Fußball, wie er ihn spielte, eine völlig andere Sportart war als das, was meine Freunde und ich so aufführten: Elegant tanzte er an seinen verdutzten Gegenspielern vorbei, der Ball folgte dabei jeder seiner Bewegungen wie ein gut abgerichtetes Hündchen.

Jetzt, mehr als 40 Jahre später, durfte ich Prohaska bei einer herrlichen Diskussion über Oper und Sport kennenlernen – und er erwies sich als witziger, gebildeter, sehr herzlicher Mensch. Wieder einmal war ich dankbar für den Zufall, der mich Journalist werden ließ.

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