Glauben ist nur Meinen
Zum 150. Todestag lassen wir Franz Grillparzer sprechen. Denn vieles, was er schrieb, ist nicht von vorgestern, sondern klingt erstaunlich heutig. Im Parlament ruft einer aus: "Das ist ein gigantischer Anschlag auf die Freiheit!" – Grillparzer sagt über die Freiheit: "So viel Gestalten, als es Menschen gibt, hat Freiheit: Einem ist Geliebte sie, in deren Anschau’n er sich selig fühlt. Dem andern eine rasende Mänade, an deren Seit’ er sich im Schlamme wälzt."
Oder, Grillparzer relativierend: "Die Wirklichkeit drückt sich mit Recht gemäßigt aus, denn sie hat die Unbestreitbarkeit ihres Wesens für sich."
Der Dichter ahnte auch: "Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen, sind zwei verschiedene Gaben." Und stellte fest, dass Glauben kein Wissen sei: "Man spricht jetzt viel vom Glauben: Der eine wünscht zu glauben, der andre glaubt zu glauben, der dritte hat den Glauben. Allein der Glaube hat keinen. Was mein ist, ist nur Meinen."
Und dennoch lässt er uns nicht resignierend zurück: "Wie manches anders kommt, als man’s gedacht. Allein, was tut’s? Wir wollen darum nicht minder fröhlich sein!"
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