Gedanke sucht Hirn

Gedanke  sucht Hirn
Klaus Eckel über den Erkenntnisgewinn.

Staffel 4 von der Serie Lockdown Austria begann eigentlich recht geschmeidig. Ich polierte meine Webcam, weichte den Ton fürs Töpfern ein und sortierte meine Jogginghosen nach den Kategorien „elegant“, „gewagt“ und „nur im äußersten Notfall“. In diesem stillen Moment der pandemischen Kontemplation rief mich mein alter Schachfreund Peter an. Er ist im Sternzeichen Skeptiker, Aszendent Misanthrop. „Die spinnen doch die Trotteln! Du als F-Promi musst was sagen! Wie die Proll!“.

„Also, erstens Peter, bin ich zumindest E-Promi und zweitens habe ich vor einiger Zeit eine Fähigkeit wieder entdeckt. Vertrauen. Ich vertraue den Dachdeckern, den Brückenbauern, den Flugkapitänen und jetzt den Virologen. Der Satz, der mir im Leben am meisten geholfen hat, lautet: Vertrauen ist Komplexitätsreduktion“.

„Aber“ unterbrach Peter „vor 2 Jahren warst du auch überzeugt, dass dieses Riesen-Theater für so an Zwutschgerl-Erreger nicht angemessen ist“.

„Tja“ stimmte ich zu „ich war auch schon überzeugt, dass die Vroni monogam ist, Milli Vanilli selber singen und das man mit einem 20 Jahre alten Fiat Panda nach Barcelona fahren kann. In Amstetten wurde ich eines Besseren belehrt. Mein Leben kann wirklich von mir behaupten: Er irrt sich vorwärts“.

„Oje“ antwortete Peter „Du bist a nimma der Alte!“

„Gott sei Dank sind wir das beide nicht“ erwiderte ich. „Sonst müssten unsere Mütter uns nach wie vor auf den Rücken klopfen, damit wir ein Bäuerchen machen“. Peter legte auf. Meines Eindrucks nach überrascht man Mitmenschen am meisten, wenn man vergangene Fehleinschätzungen nicht konsequent wiederholt. Doch ich bin lieber ein labiler Forscher als ein stabiler Trottel. Man muss im Kopf umparken dürfen. Vielleicht werde ich deswegen bei der nächsten Großdemo Tafeln verteilen auf denen steht: „Tausche Gesichtsverlust gegen Erkenntnisgewinn!“.

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