Flaschenpost: Erstklassige Weine müssen nicht aus Bordeaux sein

Es müssen nicht immer nur Spitzengewächse aus Bordeaux oder Burgund ins Glas.
Christina  Fieber

Christina Fieber

Spricht man von erstklassigen Weinen, denkt man an Bordeaux oder Burgund –  an Spitzengewächse, für die man schon mal ein Bruttomonatsgehalt für eine einzige Flasche hinblättert. Gewächse, die nur mehr erlauchten Kreisen zugänglich sind, die lieber gesammelt als getrunken werden, deren Besitz Prestige verspricht. Trophäen, mit Vorliebe von alten, weißen Männern – wenn schon nicht mehr gejagt, dann zumindest um Unsummen ersteigert.

Niemals würden sich auf Grand Cru dressierte Gaumen dazu herablassen, Gewächse minderer Abstammung in ihr Glas zu füllen. Für heimatverbundene Edeltrinker darf es zuweilen auch ein Riesling oder Veltliner aus Wachauer Toplagen renommierter Häuser sein – aber dann ist man auch schon am Ende des önologischen Horizonts angelangt. Dabei fängt dort der Spaß erst an: Weine, abseits sensorischer Autobahnen, die sich in keiner Parker-Bewertung finden, aus exotisch anmutenden Anbaugebieten Frankreichs etwa dem Jura, Savoyen oder Roussillon, von Winzern, deren Namen an der Weinbörse wertlos sind. 

Weine aus Italien, nicht obszön überteuert wie Supertuscans, sondern aus regionalen Sorten und so schnöden Anbauregionen wie den Marken, Ligurien oder Latium, wo man auch erstklassigen Stoff findet, der bezahlbar ist. Weine aus Nationen wie Slowenien, Kroatien, Slowakei oder Griechenland und Georgien, denen man Qualität einfach nicht zutraut. Länder, die oft jahrtausendalte Weinbautradition besitzen, von Prestigetrinkern jedoch beharrlich ignoriert werden.

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien. 

flaschenpost@kurier.at

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