Fabelhafte Welt: In guten wie in schlechten Tagen

Was es braucht, um die Beziehung „prickelnd“ zu halten. Oder auch nicht.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Ein jedes Paar hat seine Baustellen. Manche davon sind genau so, wie man sich Baustellen vorstellt: zu errichtende Häuser oder zu sanierende Altbauwohnungen. Andere sind kleiner: zu dichtende Fenster, zu reparierende Heizkörper, oder einmal wieder zu besänftigende Schwiegereltern. Der Dottore Amore und ich erlebten in der Corontäne eine Art Baustopp. Wir stritten kein einziges Mal, verstanden uns prächtig – so, als ob wir sogar einen gemeinsamen IKEA-Besuch am Samstag ohne Blut, Schweiß oder Tränen überstehen könnten.

Nicht, dass wir uns diesen Wahnsinn angetan hätten, wir nahmen stattdessen eine andere Baustelle in Angriff: meines Gatten Gebisssanierung. Sie werden sich an dieser Stelle wohl fragen, warum ich die Zahngesundheit meines Mannes als ein gemeinsames Projekt bezeichne. Nun: Mein Mann würde zwar weder seine Füllfeder, geschweige denn seine Pizza mit mir teilen, aber er teilt seinen Schmerz.

Schließlich heißt es: „In guten wie in schlechten Tagen“. Bisher hatten wir erst einen Termin bei unserer reizenden Zahnärztin, zur Besprechung. Dennoch bestand mein Mann darauf, dass der Hund und ich ihn hinbrächten und auch abholten. Am Rückweg telefonierte er zuerst ewig, danach schrie er mir ins Ohr, war dann beleidigt, weil ich ihn (zum Schutze meines Trommelfells) wegstieß, rauchte wie ein Schlot, war beleidigt, dass ich ihn nicht küssen wollte (obwohl ich ja auch keine Aschenbecher auslecke), und bestand auf sein Lieblingsessen, seinen Lieblingsfilm und eine Massage. Seine Erklärung: „Schatz, ich war bei der Zahnärztin. Das ist kein leichter Tag für uns.“

Vielleicht hat man nicht nur Baustellen, vielleicht braucht man sie sogar, um die Beziehung „prickelnd“ zu halten. Und wenn es grad keine Baustellen gibt, muss man sich eben welche suchen. Notfalls auch mit den Worten: „Mund auf!“

 

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