Menschenrituale aus Hundesicht

Menschenrituale aus Hundesicht
Statt die gekochten Eier zu färben und mit der Speckschwarte zu polieren, könnte man Ei und Speck einfach essen. Frohe Ostern!
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Auch aus der Perspektive des Beagles braucht man Brauchtum. Ritualpflege sortiert das Jahr und massiert die Seele. Aber bitte die Pflege sinnvoller Rituale! Menschen haben oft so schräge Ideen, dass es kein Hund versteht. Etwa das Illuminieren von Geburtstagstorten am helllichten Tag samt Absingen ritueller Weisen (in der Zeit könnte man locker die halbe Torte verputzen, ganz ohne Brandgeruch und Katzenmusik).

Oder das logistisch überaus anspruchsvolle Einschleppen gefällter Bäume, an deren tief liegenden Ästen man dann nicht einmal das Bein heben darf, an denen aber sehr wohl hochexplosive Stangen angebracht werden dürfen, die Funken fliegen lassen, hinterher Brandgeruch verbreiten und für ausgedehnte Panikattacken beim Beagle sorgen, während die Menschen versuchen, den drohenden Zimmerbrand durch das Absingen grauenhafter Lieder in die Flucht zu schlagen. Davon, dass auf dem Baum auch süße Stangen hängen, die man essen kann, hat der Hund genau nichts, weil er den Baum weder umkippen, noch abernten darf. Der reinste Pflanz also.

Fest der Biomüllbäume

Apropos Pflanz: Dieses Wochenende wird das andere große Fest der fragwürdigen Rituale gefeiert, das mit den Palmkätzchenbäumen, an denen zum Glück keine Katzen hängen (der Beagle dankt), dafür aber ausgeblasene Eier (man kann auch „Schalen“ dazu sagen oder einfach „Biomüll“). Unzählige Stunden Handarbeit werden in die Behübschung von Abfall investiert!

Aber auch die nicht-ausgeblasenen, gekochten und zum Verzehr vorgesehenen Eier werden gefärbt und mittels Speckschwarte auf Hochglanz poliert. Dabei wäre es doch wesentlich effizienter und kulinarisch erfreulicher, die gekochten Eier einfach zu schälen und zusammen mit dem Speck zu verzehren. Menschen sind seltsam. Mit viel Geduld und Konsequenz kann man ihnen aber auch sinnvolle Rituale näherbringen.

Dazu zählt aus Beagleperspektive das tägliche 12- und 18-Uhr-Ritual. Dabei werden Zweigang-Hundemenüs in Bodennähe serviert. Sollte die Küchenuhr auf 12.01 springen, das rituelle Futterschüsselfüllen aber noch nicht im Gang sein, meldet man sich mit einem atonalen Klagelied zu Wort, denn Menschen lieben Rituale, bei denen falsch gesungen wird.

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