Mehrheit gegen Hunde im Büro

Mehrheit gegen Hunde im Büro
Darias ruhiger Arbeitsplatz im Altpapierkorb, als sie jung war. Nun, im Homeoffice, hat sie viel mehr Aufgaben und Verantwortung
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Es war einmal ein Bürohund, man könnte auch sagen „Redaktionshund“. Die Kolleginnen und Kollegen liebten ihn, der Portier übersah ihn, und alles war gut. Der Redaktionshund hatte ein kuscheliges Schlafkörbchen neben meinem Schreibtisch, das er allerdings nie nutzte, weil er als anständiger Zeitungshund lieber im Altpapierkorb schlief und mit den Zeitungen von gestern kuschelte, die noch nach Druckerschwärze rochen.

Auch mein Bürokollege liebte Daria, den Redaktionshund, und Daria gestattete ihm, den zweiten Schreibtisch in „ihrem“ Büro zu nutzen und ohne anzuklopfen einzutreten. Sie mochte ihn.

Irgendwann kam eine Zeit, in der die Altpapierkörbe immer kleiner und die Büros immer größer wurden. Mit elektronischem Altpapier von gestern konnte man nicht mehr kuscheln, und im Großraumbüro waren Hunde nicht erlaubt. Kein Portier durfte sie mehr übersehen.

Daria sah, dass sie keinen Platz mehr in der Redaktion hatte und zog sich ins Privatleben zurück. Sie nahm das niemandem übel, es war der Lauf der Zeit.

Zeit für eine Hundegewerkschaft

Als aber dieser Tage eine Umfrage auf kurier.at ergab, dass 57 Prozent, somit eine satte Mehrheit, gegen die Anwesenheit von Hunden in Büros sind, schien das Daria doch zu kränken. Denn ihre Lieblingszeitung hatte dabei übersehen, dass das Bürohundedasein gerade eine starke Renaissance erlebt.

Die Pandemie und die digitale Transformation haben aus so vielen Küchentischen Teilzeitschreibtische gemacht, aus so vielen Wohnräumen virtuelle Konferenzzimmer und aus Schlafzimmern sogar Tonstudios (eine zweibeinige Freundin von Daria spricht ihre Radiobeiträge im Homeoffice unter einem Leintuch ein, damit die Tonqualität passt).

Und in unzähligen dieser neuen Hybrid-Büros sitzen oder liegen Hunde, verbreiten Ruhe, sorgen für geregelten Puls und Pausen an der frischen Luft, erinnern die Mitarbeiter an regelmäßige Essenszeiten und kontrollieren, dass Streichel- und Auftankphasen eingehalten werden, um dauerhaft leistungsfähig zu bleiben. Sie tun all das unentgeltlich und ohne eigene Standesvertretung. Doch nach diesem ernüchternden Umfrageergebnis erwägt Daria ernsthaft die Gründung einer Hundegewerkschaft.

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