Die Poesie der U4

Wann kommt endlich das dicke Daunenjacken mit Riesen-Fellkapuze-Verbot?
Barbara Beer

Barbara Beer

Gleisarbeiten. Schienenersatzverkehr. Schadhafter Zug. Bitte um Geduld.

Es ist die Poesie der U4. Geht schon ein bisschen in Richtung Dada, eine Kunstform, die einst gegen die Gesellschaft und deren Wertesystem aufbegehrte.

Ich persönlich glaube ja an eine Schnittmenge von U4-Benutzern und Protestwählern. Es gibt immer wieder Spekulationen über eine Vorverlegung der Wien-Wahl. Falls man im Rathaus Ezzes von mir will: Ich rate, erst die U4 fertig zu sanieren.

Und, apropos, hier noch mein Senf zur (Man)spreading-Debatte. Es geht nicht nur um die Haxen. Auch oben herum wäre platzsparenderes Handy-Hantieren oder Tasche-Stierln oder Winterjacke-Anhaben günstig. (Wann kommt endlich das dicke Daunenjacken mit Riesen-Fellkapuze-Verbot?)

War ich immer schon so grantig? Zumindest, als mich mein Vater noch mit dem Auto in die Schule führte (von wo ich wenig später heimlich ins Kaffeehaus schlich), war ich wohl ein besserer Mensch. Anfang oder Mitte der 80er, als ich meinen ersten Walkman ausführte, tauchte die Idee eines Öffi-Verbots für Musik zum Mitnehmen auf. Ich fand es lächerlich, andere Fahrgäste nicht am Hörgenuss der sagenhaft guten Band Duran Duran teilhaben zu lassen. Heute ähnle ich zunehmend meiner Oma (ja, genau, die, die mit dem Schirm Jugendliche, die ihre Füße am Sitz gegenüber ablegten, unsanft tadelte, was mir sehr peinlich war). Schwer seufzend kauere ich frühmorgens in einer Ecke der U4, rolle mit den Augen und räuspere mich, kaum reibt mich der Sitznachbar mit seiner mit Energy-Drink-Odeur und kaltem Rauch imprägnierten Jacke ein. Mein böser Blick sticht nie durch den Stinkjanker. Ich bin einfach nur uncool.

Falls Sie jetzt Jammern auf hohem Niveau ins Treffen führen und einwenden, dass wir immerhin in einer Stadt leben, in der der Bundespräsident per U-Bahn zu Terminen fährt, so antworte ich mit wissenschaftlicher Erkenntnis: Forscher sagen, das ständige Streben nach Glück kann negative Gefühle verstärken.

Also, seien Sie froh, dass ich kepple.

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