„Hören Sie auf Ihren Hund!“

„Hören Sie auf Ihren Hund!“
Daria bleibt stehen und wartet, dass wir umdrehen. Es ist zu heiß, findet sie.

Der Mensch macht Pläne – und der Hund, was er will. Endlich wieder raus, in den Wald, auf den Berg, nachdem ich mich einige Tage kaum rühren konnte. Aber nichts rührt sich. Daria liegt im Schatten und ist dort zu zufrieden, um aufzustehen.

Ich: „Du musst raus!“ Sie: „Du immer mit deinem Muss!“ Die Wahrheit ist: Ich will raus, aber es klingt hehrer, die eigenen Wünsche als unaufschiebbares Hundebedürfnis zu tarnen.

Daria ist es zu heiß. Sie hält eine kleine Parkrunde für ausreichend. Ich will immer noch in den Wald. Unschlüssig trottet sie hinter mir her. Dann spielen wir unsere Art von Schach: Sie bleibt stehen, schaut mir nach. Ich drehe mich um und schaue sie an. Sie dreht sich um und geht. Ich bleibe stehen, schaue ihr nach. Sie bleibt stehen und schaut, ob ich ihr nachkomme. Ich drehe mich um und gehe wieder Richtung Wald. So halten wir einander in Schach, bis sich Daria einfach unter einen Baum legt. Ich lege mich – schachmatt – neben sie.

„Und was tun wir jetzt?“, frage ich. Keine Antwort. Daria ist körperlich anwesend, aber weit weg. Sie meditiert ein Bockerl an. Ich suche mir auch ein Bockerl und zähle die Samenschuppen. Die Ruhe des Hundes macht mich nervös ... aber irgendwann dann doch ruhig.

Daria bemerkt das. „Jetzt können wir gehen“, sagt sie und erhebt sich.

Ein Platz im Schatten

Am Nachmittag gehen wir zum Tierarzt. Daria mag das nicht. Aber ihre Wolfskrallen sind schon so lang, dass sie in die Zehenballen einzuwachsen drohen. Am Eingang zur Praxis versucht Daria, mich zur Umkehr zu bewegen. Sie schaut mich an, als würde ich sie zur Schlachtbank führen.

Dann aber findet sie den Tierarzt doch ganz nett und wertet den Besuch als Erfolg. Nach der Krallenpflege hat der freundliche Doc sie belohnt, begutachtet, festgestellt, dass sie „sehr fit“ ist und mich warnend angeschaut: „Wie tut sie sich mit der Hitze?“ Ich: „Sie will keinen Meter gehen.“ – Darauf er: „Da hat sie recht. Hören Sie auf Ihren Hund!"

Ich: „Aber sie muss doch raus!“ Er: „Ja, in der Früh und am Abend, wenn es kühl ist, eine kurze Runde. Ansonsten lassen Sie sie im Schatten liegen.“ Wir gehen heim. Zufrieden seufzend legt Daria sich auf ihren Platz im Schatten.

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