Darf man trotz aller Scheußlichkeit an Reisen und Essen denken?
Das ganze Corona-Zeug mit vielen Opfern. Der Lockdown. Dieser grausliche Montagabend mit Toten und tieftraurigen Menschen. Die Scheußlichkeiten während der US-Wahl ... man darf in einem seriösen Medium ja nicht Scheiß schreiben, also sagen wir: Es ist gerade eine Dreckszeit.
In einer solchen Zeit ist es vielen zu pietätlos, über Reisen und Genuss zu reden, es gar zu vermissen. Das seien Luxussorgen, sagen viele, und ich gebe ihnen bedingt recht. Es ist tatsächlich Blunz’n, ob wir bald wieder ans Meer kommen und ob wir jetzt in die Therme dürfen und wann wir geschmeidige Schwünge im Schnee machen werden. Genau so steht uns jetzt das Jammern nicht zu, dass der Lieblingswirt unerreichbar ist, dass wir keine feinen Dinner in geselligen Runden einnehmen können, dass die Stunden in den Bars voll Gelächter derzeit ausfallen. Das alles ist nix gegen überfüllte Intensivstationen, gegen Terror. Das ist alles nix gegen jeden Toten.
Aber.
Es geht in all den Krisen der vergangenen Monate und Tage um unsere Kultur des Menschseins. Dazu gehört, dass wir die Vulnerablen schützen wollen. Und dass uns bewegt, wenn nicht mehr jede und jeder ausreichend behandelt werden kann. Dazu gehört, dass und wie wir auf die Morde in der Wiener Innenstadt reagiert haben. Dazu gehört, dass bei uns einer wie Trump schlicht zu ungustiös wäre, um gewählt zu werden.
Und diese Kultur nähren wir stetig. Durch vieles Großes, von Bildung über Leistung bis Solidarität. Aber eben auch durch die feinen, schönen Künste. Ein Abendessen in großer Runde ist Austausch, ist Diskussion. Reisen ist nicht bloß Auf-Urlaub-Fahren, Reisen ist Horizonterweiterung, es ist Toleranzlehre und Interesse.
Es gibt einen Grund, warum uns vieles so erschüttern kann und erschüttert. Auch das müssen wir schützen. Genau deswegen schreiben wir auch in diesen Zeiten über Reisen und Essen.
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