Gru, Gru!

Gru,  Gru!
Nadja Maleh über Brieftauben und Orientierungssinn.

Ich habe einen suboptimalen Orientierungssinn. Dafür lasse ich mich leicht ablenken! Super Kombination. So wie alle Menschen habe ich ein Gehirn inklusive Hippocampus, wo die sogenannten Orientierungs-Zellen lokalisiert sind. Im Normalfall. Nicht bei mir. Ich habe an der Stelle etwas anderes, Nutella-Zellen vielleicht, aber sicher nix mit Orientierung. Als Brieftaube wäre ich eine Katastrophe. Man stelle sich eine mittelalterliche Szene vor: der König verfasst eine Botschaft an seinen Kontrahenten „Ich bin nun endlich bereit, das Land mit Euch zu teilen. Der große Krieg ist hiermit beendet! Trefft mich beim nächsten Vollmond in der Bucht, um den Frieden zu besiegeln.“ Er befestigt mir diese wichtige Nachricht am Haxerl. Mit den Worten „Flieg in ein neues hoffnungsvolles Zeitalter, kleine Friedenstaube! Überbring diese Botschaft und befreie uns alle von den schrecklichen Kriegsqualen!“ entlässt er mich im Burghof gen Himmel. Und ich völlig planlos „Gru Gru!“ flieg zuerst ein paar Mal ums Eck, dann sehe ich irgendwo irgendetwas glitzern „Gru Gru, Juhu!“, dann entdecke ich einen Taubenkumpel „Gru Gru, he du!“. Dann steht dort auf der Wiese ein liebes Viecherl, das meine volle Aufmerksamkeit erhält „Gru Gru, Muh Muh!“. Dann bin ich müde „Gru Gru, Zeit für Ruh!“. Nach einem Power Nap flieg ich um 3 Ecken und Schwups ... lande ich wieder im Taubenschlag des Königs, mehr zufällig als geplant. Netto – Ausflugsdauer: 34 min. Wieder zu Hause chille ich mit meiner Taubenfamily und erzähle ihnen aufgeregt von meinem spannenden Ausflug. Mit der wichtigsten Nachricht der Welt immer noch ums Haxerl gewickelt, aber happy. Im Halbschlaf zupfe ich mir dann das lästige Papier vom Bein.

Ein aufregender Tag geht zu Ende – im Gegensatz zum großen Krieg. Gott sei Dank bin ich keine Brieftaube!

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