Bau-borniert

Wer zuviel zubetoniert kann sich leicht einmal einbetonieren.
Barbara Beer

Barbara Beer

Wenn Graz jetzt eine KPÖ-Bürgermeisterin bekommt, hat das viele mögliche Gründe. Einer davon ist, dass man den Beton-Sigi nicht mehr wollte. Mit diesem despektierlichen Ausdruck wurde der bisherige Amtsinhaber Siegfried Nagl bedacht. Schuld war seine Leidenschaft für rege Bautätigkeiten in der steirischen Hauptstadt, die nicht wenige für übertrieben erachteten.

Auch von Wien sagen manche, es würde zu viel gebaut. Zubetoniert werde vor allem der Stadtrand, und wir vom Redaktionskomitee der Wiener Ansichten haben uns des Öfteren einschlägig beschwert. Aus gutem Grund, wir werden es wieder tun. Gern argumentiert die Stadtregierung, dass nur dichte Verbauung in der Stadt die weitere Ausbreitung des verpönten Speckgürtels verhindern könne. Anders gesagt: Der Verdichtungswahn kommt auch daher, dass man die Stadtgrenze widmungsmäßig nicht überschreiten kann. Werden die letzten fruchtbaren Böden im Donaufeld also geopfert, weil irgendwo Niederösterreich beginnt? Und weil man dort Vorsorgewohnungen nicht so gewinnträchtig verscherbeln kann?

Stadterweiterung und damit einhergehende Verkehrsanbindungen gehören zu den wichtigsten Zukunftsthemen Wiens. Dessen sind sich die Verantwortlichen bewusst und haben wirkliche politische Talente, wie Jürgen Czernohorszky und jetzt auch Forstdirektor Andreas Januskovecz, in die heikle Klimaschlacht geschickt. Beides Sympathieträger, die gut mit Menschen können. Spannend wird, wie sie mit den Skeptikern des Lobautunnels und der Stadtstraße Aspern umgehen werden. Infokampagnen, die erklären, dass der Tunnel den Nationalpark nicht berührt, werden nicht reichen. Politik hat nicht nur mit Information, sondern auch mit Emotion zu tun. Die Stadtregierung hat gerade in der Opposition zum Bund viel bei Jungen gewonnen. Sie muss aufpassen, dass sie den Bonus nicht mit Bau-Borniertheit verspielt. Auch wenn die Konkurrenz derzeit überschaubar ist: Gut möglich, dass die Jungen keinen Beton-Michi wollen.

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