An der Sonne schnuppern

An der Sonne schnuppern
Daria ist mit sich und der Welt zufrieden: Ihr weicher Polster wandert mit der Sonne mit.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Es riecht nach Frühling! Die Nachmittagssonne hält jetzt schon merklich länger durch, als im Jänner. Sie schaut flach zum Fenster herein und legt ihre Strahlen noch für ein paar Minuten aufs Sofa. Leider auf das – aus Darias Sicht – „verbotene“ Sofa, das Hundehaar-freie, und nicht auf die gemischte Hunde-Menschen-Couch.

Daria registriert das mit deutlichem Missfallen und schleicht das sonnige Sofa entlang, immer hin und her, wie ein Tiger am Gitter seines Geheges. Sie schaut mich fragend an. Ich schaue verneinend zurück. Offensichtlich überlegt sie, ob es sich lohnt, aufs Sofa zu springen. Oder ob mein erwartbarer Protest den Aufwand ohnehin nicht wert wäre.

Dann geht sie weiter unschlüssig auf und ab, sie streckt dabei ihre Schnauze, so hoch sie kann, in die Luft, um an den einfallenden Sonnenstrahlen zu schnuppern – und wohl auch, um mein Herz zu erweichen. Als ob das nötig wäre!

Darias Sonnenhunger hat mein vollstes Verständnis. Obwohl wir heute schon drei Mal draußen waren, lasse ich alles liegen und stehen und rufe: „Komm, wir gehen!“ Im Sturzflug ist sie die Stiege unten und bei der Eingangstür. Die Nachmittagssonne ist zu kostbar, um sie unbemerkt untergehen zu lassen. Was könnte jetzt wichtiger sein, als Sonne zu tanken? Was ließe sich nicht verschieben?

Sonnengruß

Und so laufen wir noch einmal hinauf auf die große Wiese, lassen Darias Fell wärmen und winken der Sonne zu, die gegenüber, hinterm Berg, allmählich verschwindet – vielleicht, um auf der anderen Seite des Globus einem anderen Beagle auf die Schnauze zu scheinen und ihm das Fell zu wärmen. Wir lassen die Sonne aber nicht grußlos gehen, nicht, ohne ihr das Versprechen abzunehmen, dass sie morgen noch ein bisschen früher als heute wiederkommen und ins Wohnzimmer scheinen möge.

Die Sonne hält Wort. Als Daria am darauffolgenden Vormittag alle 20 Minuten fiept, weiß ich, es ist wieder Zeit, ihren Polster ein Stück weiter zu rücken, damit sie nicht am harten Parkett liegen muss, während sie sich sonnt. Das ist mein Job: Polster-in-die-Sonne-Schieberin. Ich nehme ihn sehr ernst. Falls später von der anderen Seite wieder die Nachmittagssonne hereinscheint, werde ich heute wohl auch die Sofas verschieben.

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