Verspielte Bühne und eine Bonus-Figur

Laura Laufenberg als "gestiefelter Kater"
„Der gestiefelte Kater“ in einer bunten, üppigen, mit Musik bereicherten Version im Landestheater NÖ in St. Pölten.

Schon ziemlich lange bevor das Stück losgeht, unterhält der Musik einsam von der Bühne aus das Publikum, das sich zu den Sitzen begibt. Auf alles was auch nur klingen könnte, trommelt Robert Lepnik – mit Drum-Sticks oder was auch immer ihm in die Hände fällt – und natürlich auch „nur“ mit letzteren. Am schrägsten wirkt wohl der Turnschuh den er sich anzieht und der vorne dran einen Trommelschläger angeklebt hat. Das macht natürlich sogar bei jedem Schritt auf dem Holzboden Geräusche, mitunter auch Klänge. Er ist die Bonus-Figur im Märchen „Der gestiefelte Kater“.

Er, sowie Regisseur Simon Windisch und die Gestalterin der Bühne, Lisa Horvath, waren übrigens schon beim Kinderstück in der vorigen Saison „Alice im Wunderland“ für ihre Bereiche verantwortlich. Sowohl Stück als auch die Bühne sind übrigens für den österreichischen Kinder- und Jugendtheater Stella nominiert.

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König (Othmar Schratt) und seine Tochter (Lisa-Carolin Nemec) in der Seifenkistl-Kutsche

Müllsack-Rutsche

Die Bühne lädt wie die bei Alice zu verspieltem Spiel der Schauspieler_innen ein. Im Zentrum auf der schrägen Holzbühne steht diesmal eine Metall-Rutsche. Statt Mehlsäcken wie in der Mühle - die menschliche Hauptfigur ist ja ein Müllerssohn – rutschen zumindest zu Beginn vor allem für große schwarze Kunststoff-Müllsäcke. Die danach in einem Loch der Bühne landen, aus dem feuerrot leuchtet.

Hans heißt der jüngste Müllerssohn der nichts als einen Kater erbt. Selber nichts zum Beißen, aber eine Katze, „nein, ich bin ein Kater“ zu versorgen, während die Brüder Mühle bzw. Getreidefeld geerbt haben?

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Szenenfoto aus dem Märchenstück in St. Pölten

Natürlich, wie wahrscheinlich fast alle wissen, ist dieses Grimm’sche Märchen doch zumindest in seinen Grundzügen wohlbekannt, kommt’s anders. Der Kater, überzeugend dargestellt von Laura Laufenberg, einem Neuzugang des NÖ.-Landestheaters, strotzt vor Selbstbewusstsein – und Ideen, auch so manch listiger. Braucht dazu aber erst rote Stiefel. Die werden hier zu hohen Gummistiefeln, dafür einem fast königlich wirkenden roten Plüschumhang.

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Böse Zauberin giert nach Jugend

Peter Raffalt, der diese Version nach den Gebrüdern Grimm geschrieben hat, hat sich eine gar böse Zauberin einfallen lassen, die den verwitweten König (Othmar Schratt) heiraten will. Aber darunter leidet, zu altern. Immer schön und jung will sie sein. Dafür bedient sie sich an jungen Mädchen, die sie verschwinden lässt, wenn diese sich in den Spiegel schauen. Emilia Rupperti schlüpft in einem üppigen ballonartigen Kleid und fast ebensolcher Frisur in die Rolle dieser einerseits durchtriebenen andererseits von ihrer Sucht nach junger Schönheit getriebenen bösartigen und doch ziemlich armen Person. Die den Hans (August Elias Kirschgens) in einen Hund verwandelt.

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Rutsche wird zur langen Tafel

Der Hund im Manne

Den mag dafür die Königstochter (Lisa-Carolin Nemec), die hingegen an einer Katzenallergie zu leiden scheint.

Natürlich gelingt’s dem Kater, seinen doch einigermaßen tollpatschigen „Herren“ zum Grafen Karabas zu machen und – da ihn die Prinzessin ja schon als Hund gern gemocht hat -  zum Ehemann derselben aufsteigen zu lassen.

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Der Kater und der Müllerssohn

T-Shirt-Aufdrucke

Rückschläge auf diesem Weg dienen der Dramatik des Spiels. Im Gegensatz zur verspielten Bühne deren Rutsche sich drehen und wenden lässt, zur langen Tafel ebenso mit wenigen Handgriffen wird wie zur Kinderrutsche für die Prinzessin und ihre Luftballons, kommt die Verwandlung von Hans stets mit einem neu übergezogenen T-Shirt aus. Aufdrucke von Mehl über Hans, Hund und Graf in Großbuchstaben unterstreichen den jeweiligen Rollenwechsel.

Während des gesamten fast zweistündigen Stücks (eine Pause) hält sich die eingangs beschriebene Bonusfigur des Musikers auf der Bühne – nun aber nicht im Vordergrund auf und gibt den Soundtrack zum Märchen auf einem selbstgebauten Koffer-Schlagzeug, aber auch u.a. mit Gitarre. Als würde er sie animieren, greifen auch Darsteller_innen zu Instrumente, zu Cello und Geige.

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Verspielte Bühne und eine Bonus-Figur

Laura Laufenberg als "gestiefelter Kater"

Der gestiefelte Kater
nach den Gebrüdern Grimm
von Peter Raffalt
ab 6 J., ca. 2 Stunden (eine Pause)

Der gestiefelte Kater: Laura Laufenberg
Hans: August Elias Kirschgens
Zauberin und Möchtegern-Ehefrau des Königs: Emilia Rupperti
Prinzessin: Lisa-Carolin Nemec
König: Othmar Schratt
Musiker: Robert Lepenik

Inszenierung: Simon Windisch
Dramaturgie: Julia Engelmayer
Bühne: Lisa Horvath
Kostüme: Ursula Gaisböck
Live-Musik: Robert Lepenik
Licht: Günter Zaworka
Ton und Video: Martin Kerschbaum, Felix Dietlinger
Regie-Assistenz: Sebastian Schimböck
Soufflage: Rosalie Melichar
Inspizienz: Paul Goga

Wann und wo?
Bis 13. Juni 2020
Landestheater Niederösterreich, Großes Haus:
3100 St.Pölten, Rathausplatz 11
Karten-Telefon: (02742) 90 80 80 600
www.landestheater.net

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