Jede Woche diskutieren und beschließen alle Kinder im Schulrat
Wir hätten gern auf unserer Schulwiese Fußballtore. Diesen Wunsch äußerten Kinder der Volksschule St. Stefan ob Leoben (Steiermark) im Schulrat. Einmal in der Woche, immer dienstags, treffen einander die 70 Kinder der Schule dieses kleinen Ortes (rund 1300 Einwohner_innen) und besprechen in knapp einer halben Stunde ihre Wünsche, Anliegen, Forderungen. Es ist aber keine Wunschstunde ans Christkind oder en auch immer. In dieser Wiege der Demokratie diskutieren die Schüler_innen und machen sich danach aber auch möglichst selbstständig an Schritte zur Umsetzung.
Nachdem sich die Versammlung der Kinder gemeinsam für dieses Anliegen ausgesprochen hatte, begannen einige Kinder eigenständig Briefe an den Bürgermeister und an mögliche Geldgeber_innen zu verfassen. In Katalogen informierten sie sich, wieviel solche Tore kosten, maßen die Entfernungen aus und steckten ab, wo die Fundamente für die Torstangen eingegraben werden müssten …
Als sich eine Familie im Ort meldete, die ein Unternehmen hat und bereit erklärte das Vorhaben zu finanzieren, meinten die Volksschüler_innen: Für eine Familie wären die rund 1400 Euro vielleicht zu viel und fragten noch einmal in der Gemeinde nach. Die übernahm die Kosten für ein Tor, das andere wurde von der besagten Familie gespendet.
Die Kinder waren schließlich auch dabei, als Arbeiter die Fundamente setzten. Vier Monate nach dem ersten Antrag im Schulrat standen die beiden Tore.
Seit rund einem Jahr läuft in dieser Volksschule das Mitbestimmungsrecht - mit Unterstützung von beteiligung.st - unter dem Motto „Jede Stimme zählt“. Damit gewann die Schule auch einen Preis beim Wettbewerb zur politischen Bildung (POLIS).
Kinderpressekonferenz
Am 30. Geburtstag der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen luden die Volksschüler_innen zu einer Kinderpressekonferenz. Paulina Eisner (4. Klasse), Matthias Komaz- Diethard (3. Klasse), Mia Sophie Pfnadschek (4. Klasse) und Simon Springer (4. Klasse) vertraten ihre insgesamt 64 Kolleg_innen am Podium – alle Kinder waren aber auch anwesend. Die Kinder stellten ihr Mitbestimmungsprojekt vor. Bisher hat es schon 30 Treffen des wöchentlichen Schulrates gegeben.
Eines der – schon umgesetzten – Projekte wurde schon eingangs geschildert. Wie vielen Kindern und Jugendlichen weltweit ist ihnen Umwelt ein besonders dringendes Anliegen. So hatte ein Kind ausgerechnet, dass im Monat im Durchschnitt 600 Trinkhalme aus Plastik im Rahmen der Milchaktion verwendet – und weggeworfen – werden. Im Schulrat diskutierten die Kinder und kamen auf den Vorschlag, es doch einmal ganz ohne diese Halme zu versuchen. Skepsis gab's, ob dann nicht zu viel verschüttet würde, sich viele anpatzen usw. Dennoch wurde beschlossen: Lasst es uns einmal probieren. Und siehe da, seither geht’s ohne Plastikhalme.
Ein anderer Antrag bezog sich auf die kaum mehr sichtbaren Linien am Völkerballplatz. Die Markierungen wurden erneuert. Die Kinder werden bei der Umsetzung ihrer eigenen Anliegen immer wieder selbst sehr aktiv – nicht nur in Form von Briefe schreiben. Als ein Loch im Zaun zu benachbarten Gründen im Schulrat thematisiert wurde, begannen die Kinder – statt sich an die Gemeinde zu wenden – zunächst genau abzumessen wie groß das Loch ist, ein Kind brachte ein Stück Drahtzaun von zu Hause mit, andere steuerten Kabelbinder und Draht bei, wieder ein anderes Kind brachte Zwickzangen mit – und die Kinder wollen das Loch gleich selber in der kommenden Woche flicken.
Noch ungelöst
Ein großes Problem, das die Kinder schon versucht haben anzugehen, ist leider noch ungelöst. Die Schulwiese, die an einer Seite offen zugänglich ist, damit beispielsweise auch an Nachmittagen, Wochenenden oder in Ferien hier gespielt werden kann, wird immer wieder offenbar mit einem Hundeklo „verwechselt“. Als das im Schulrat zur Sprache kam, meldete sich ein Schüler, der gern und gut bastelt und tischlert. Gemeinsam mit seinem Opa zimmerte er hölzerne Steher. Andere Kinder schreiben Schilder: „Bitte unsere Wiese nicht als Hundeklo benutzen!“. Die Schilder folierten sie und befestigten sie an den Ständern. Das half – leider nur kurze Zeit.
Nun wollen/müssen sich die Kinder in einem der Schulrats-Sitzungen überlegen, wie sie sonst noch Hundebesitzer_innen zur Rücksicht darauf bringen können, dass hier Kinder spielen.
Realistisch
Übrigens zeigte sich die Direktorin der Schule im Gespräch mit dem Kinder-KURIER angetan davon, dass die Kinder oft sehr kreative Lösungsvorschläge finden und je länger das Mitbestimmungsprojekt läuft, umso differenzierter und realistischer an Probleme und Themen herangehen. (Der KiKu konnte nicht bei der Pressekonferenz dabei sein, weil am Kinderrechtetag im wiener Rathaus die riesige Mitbestimmungs-Aktion „Werkstadt Junges Wien“ vorläufig abgeschlossen wurde – siehe hier).
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