Hipster statt Hippies: Venice & Santa Monica boomen
"Irgendwas muss falsch laufen mit den Typen in Venice mit ihrer schwarzen Kleidung und den blauen Haaren", urteilt ein geschniegelter Immobilienmakler über den Stadtteil Venice im Westen von Los Angeles.
Viele andere sprechen dagegen vom trendigsten Viertel von L.A. und einem genialen Mix aus reichen IT-Nerds, Künstlern und alt eingesessenen Hippies. Der Makler verkauft seine Häuser aber lieber in Bel Air oder Brentwood.
"Ich kann mir nicht erklären, wieso sich ein IT-Millionär hier eine Villa um vier Millionen Dollar kauft, neben einem abgefuckten Drogendealer mit Schrotflinte als Nachbar", erklärt er den aktuellen Häusermarkt in Venice.
Preise höher als in Beverly Hills
Tatsächlich kosten Grundstücke an der superschicken Flaniermeile "Abbot Kinney", wo Beyonce und Victoria Beckham gerne zum Dinner vorbeischauen, inzwischen mehr als in Beverly Hills. Wer die Serie "Californication" gesehen hat, kennt die Klientel, die hier eine Enklave gefunden hat: gut situierte Schriftsteller und Künstler, die Wert auf Ästhetik legen.
Start-Up-Szene lässt sich nieder
Einige Straßen nördlicher haben IT-Unternehmen (Snapchat, Google, Whisper, Omaze) ihre Computer am Laufen. Immer mehr Software-Entwickler zieht es an den Strand von Santa Monica und Venice – von Silicon Beach ist bereits die Rede, das Silicon Valley nahe San Francisco vielleicht bald alt aussehen lässt.
Neue, hippe Lokale eröffnen als Resultat im Eilverfahren. Vor allem an der Rose Avenue herrscht reges Treiben. Das unprätentiös-stylische "The Rose" ist immer voll, hat gutes Essen und geht als Kantine von Google durch. Das Unternehmen hat gleich nebenan ein großes Büro, in dem vor allem für YouTube gearbeitet wird.
Rad statt Auto
Und auch gleich ums Eck ist was los – an der Main Street: Yoga-Shops, Yoga-Schulen, Cafés (u. a Urth Caffé) und trendige Rohkost-Lokale reihen sich aneinander. Endlich kann das Auto, das in Los Angeles sonst unabdingbar ist, auch mal stehen bleiben.
Venice und Santa Monica erkunden Besucher am besten mit dem Fahrrad. Am Strand gibt es Cruiser zu leihen – für teure 20 Dollar am Tag. Vom leicht schmuddeligen Venice Beach im Süden, an dem es nach Gras riecht und exzellente Skateboarder und Bodybuilder am "Muscle Beach" bewundert werden können, geht es hinauf bis zum Pier nach Santa Monica, vorbei an Volleyball-Plätzen und einem immer breiter werdenden Sandstrand.
Partys & Essen
Gut einkaufen können Fashionistas in der gemütlichen Fußgängerzone auf der Höhe des Vergnügungsparks am Pier.
Zum Abendessen zieht es kalifornische Hipster in die "Wurstküche" oder ins "Cerveteca" für mexikanisches Bio-Huhn und Hangover Suppe (um 18 Dollar). Für alle, die es etwas schicker mögen, gibt's das edle "Gjelina" (Pizza und guter Wein) oder Wolfgang Pucks legendäres "Chinois" in Santa Monica.
Wer allerdings auch nach Mitternacht gerne Party macht und in einem Club tanzen möchte, ist hier falsch – dafür geht es am besten von der chilligen Strandgegend mit einem Uber Taxi nach West Hollywood.
Wohnen lässt es sich in herzigen Garagen-Wohnungen oder Privatzimmern, die auf airbnb zu finden sind, gute Hotels sind in der Gegend eher rar gesät und teuer.
Weiter Richtung Süden
Die Gentrifizierung von Venice geht so weit, dass sich viele Start-ups die in die Höhe geschossenen Mietpreise nicht mehr leisten können, die billigen Industriegebäude sind heute fast alle zu coolen Büros mutiert.
Jetzt zieht die digitale Szene noch weiter in den Süden: Das Internet-Imperium Google hat sechs Hektar Grund für 120 Millionen Dollar in Playa Vista gekauft – südlich von Venice, nahe Marina del Rey. In einigen Jahren soll hier ein ganzes Google-Dorf entstehen.
Los Angeles ist also auf dem besten Weg von einer Filmmetropole zu einer IT-Hochburg zu werden.
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