Warum Folsäure bei Kinderwunsch so wichtig ist
Mit ein bisschen Salat ist es nicht getan: Frauen, die schwanger werden wollen oder schwanger werden könnten, sollten sich besonders nährstoffreich ernähren. Während zahlreiche Vitaminpräparate mit einer Fülle an Inhaltsstoffen werben, ist aber vor allem einer wichtig: Folsäure.
Bereits zu Beginn einer Schwangerschaft sollte der Körper optimal mit Folsäure versorgt sein. „Folat spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel von Mutter und Kind“, sagt Berthold Koletzko, Vorsitzender der deutschen Stiftung Kindergesundheit. „Das Vitamin ist ein wichtiger Baustein bei der Neubildung von Zellen und deshalb an vielen wesentlichen Prozessen im Körper des ungeborenen Kindes beteiligt“, betont Koletzko. Eine kürzlich erschienene Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland ergab, dass nur etwa fünf Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter Folatwerte aufweisen, die zum Schutz eines ungeborenen Babys vor Fehlbildungen notwendig sind.
Rückenmark und Gehirn des Babys
Außerordentlich wichtig ist Folsäure für die gesunde Entwicklung von Rückenmark und Gehirn des Babys: Das Risiko von Fehlbildungen des kindlichen Nervensystems – sogenannte Neuralrohrdefekte – lässt sich deutlich verringern. Zu diesen Fehlbildungen zählen die Meningomyelozele, eine bruchsackartige Ausbeulung des Rückenmarks oder eine Spina bifida, ein offener Rücken, der oft mit einem „Wasserkopf“ auftritt.
Zudem besteht bei Folsäure-Mangel ein erhöhtes Risiko für Herzfehler, Fehlbildungen der Harnwege oder eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Eine Untersuchung zeigt etwa, dass die Einnahme von Folsäure die Häufigkeit der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten um bis zu 40 Prozent senken kann.
Die Folsäure ist auch für die Gesundheit der Mutter wichtig – ist sie ausreichend damit versorgt, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Blutarmut bei der Geburt sowie die Gefahr einer Frühgeburt.
Natürliche Quellen
Folsäure ist die synthetisch hergestellte Form des Vitamins B9. Sie wird in Nahrungsergänzungsmitteln und zur Anreicherung von Lebensmitteln wie Mehl, Nudeln oder Brot verwendet. Sie kommt in der Natur so nicht vor, kann jedoch vom Körper umgewandelt werden. Die synthetisch hergestellte Folsäure ist zu 85 Prozent vom Körper verwertbar. Die Folate, das sind die natürlich vorkommenden Formen des B-Vitamins aus Nahrungsmitteln, können zu etwa 50 Prozent verwertet werden.
Natürlich kommt Folat in Rohkost vor: Obst, Blattgemüse, Kohl, Brokkoli, Feldsalat, Fenchel, Spinat, Spargel. Aber auch Vollkornprodukte, Sauerkraut und Kartoffeln sind mögliche Lieferanten. Als Faustregel gilt: Alle Gemüse und Salate, von denen die Blätter der Pflanze gegessen werden, dienen der Folatversorgung. In Gemüse und Obst sind Folate jedoch hitze- und lichtempfindlich, beim Kochen oder Warmhalten geht ihr Effekt leicht verloren.
400 Mikrogramm pro Tag
Mindestens vier Wochen vor einer Schwangerschaft sollten Frauen mit Kinderwunsch neben einer folatreichen Ernährung daher zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen, mit denen mindestens 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag aufgenommen werden.
In den USA werden bereits seit 1998 standardisierte Mehle, Brote, Brötchen, Frühstücksflocken, Reis- und Nudelprodukte zusätzlich mit Folsäure angereichert. Seither ist die Zahl von Neuralrohrdefekten bei Babys nach wenigen Jahren um etwa 30 Prozent zurückgegangen. In Kanada gelten die gleichen Bestimmungen wie in den USA. Dort ist auch die Zahl der angeborenen Herzfehler gesunken.
Die Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Folsäure hat den Vorteil, dass alle Frauen zumindest in einem gewissen Ausmaß mit Folsäure versorgt werden. In allen Ländern mit verpflichtender Folsäureanreicherung von Lebensmitteln kam es seit der Einführung zu einem Rückgang von Neuralrohrdefekten zwischen 27 und 55 Prozent, in Teilen Kanadas sogar noch deutlich darüber.
Auch Männer profitieren
Die Zugabe von Folsäure zu Brot und Pasta in den USA und Kanada hat dort die Zahl von Darmkrebsfällen bei Männern um 20 Prozent gesenkt. Eine weitere wichtige Funktion der Folsäure ist ihre schützende Wirkung vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie ist für den Abbau des gefäßschädigenden Homocysteins im Blut mitverantwortlich und trägt zu einer leichten Blutdrucksenkung bei.
Somit kommt dem Vitamin eine Schlüsselrolle auch im Kampf gegen Herzinfarkt und Schlaganfall zu. Folsäure und B-Vitamin-Präparate mit Folsäure konnten das Schlaganfallrisiko in einer Studie aus China um bis zu 20 Prozent senken. Studien haben außerdem ergeben, dass sich durch die kombinierte Einnahme von Folsäure und Zink die Anzahl an Spermien um über 70 Prozent steigern lässt.
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