Selbstbestimmt auch als Kranker: Welche Maßnahmen man ablehnen kann
Neue Unterlagen, die federführend von der Arbeitsgemeinschaft der PatientenanwältInnen und vom Dachverband Hospiz sollen es erleichtern, medizinische Behandlungen mittels Patientenverfügung abzulehnen - der KURIER berichtete. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Was regelt eine Patientenverfügung (PV) genau?
Eine PV ist eine Willenserklärung, mit der man im Vorhinein eine oder mehrere medizinische (lebensverlängernde) Behandlungen ablehnt - für den späteren Fall, einmal nicht mehr entscheidungsfähig zu sein. Die Patientenverfügung wird erst dann (und nur dann) wirksam, wenn der oder die Betroffene nicht mehr entscheidungsfähig ist. Die Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit kann nicht abgelehnt werden.
Welche medizinischen Maßnahmen könnten zum Beispiel abgelehnt werden?
Der Ratgeber Patientenverfügung listet hier unter anderem folgende Beispiele auf:
- Künstliche Ernährung in jeder Form, z. B. die Anlage einer PEG-Sonde oder die Ernährung über eine sogenannte "nasogastrale Sonde" oder über Infusionen
- Künstliche Beatmung in jeder Form, etwa ein Luftröhrenschnitt mit dem Ziel der dauerhaften künstlichen Beatmung oder eine Maskenbeatmung
- Wiederbelebung (Herzdruckmassage, Beatmung, Defibrillation, medikamentöse Reanimation)
- Antibiotische Therapie (mit Ausnahme einer palliativmedizinischen Symptomkontrolle)
- Aufrechterhaltung lebenswichtiger Organfunktionen mit medizinisch-technischen Maßnahmen (Dialyse, Herz-Lungen-Maschine, Künstliche Herzpumpe, Defibrillator, Herzschrittmacher)
Welche Voraussetzungen sind notwendig?
Für eine „verbindliche PV“ muss zunächst eine umfassende ärztliche Aufklärung stattfinden und dokumentiert werden. Das ist allerdings keine Kassenleistung. Die Wiener Ärztekammer empfiehlt als Richtlinie ein Honorar von 130 Euro pro angefangener halber Stunde. „Ich kenne aber viele Hausärzte, die nichts verlangen, weil sie ihre Patienten ohnehin gut kennen“, sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger. Verbindlich wird die PV erst durch die Unterschrift eines Notars, Rechtsanwalts oder eines Mitarbeiters einer Patientenanwaltschaft (Patientenvertretung) oder eines Erwachsenenschutzvereins. Patientenanwalt Bachinger betont, dass dieser rechtliche Teil kostenfrei von den Patientenanwaltschaften durchgeführt wird (in Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark aber nur für Personen, die sozial benachteiligt sind, das heißt, die auch von der Rezeptgebühr befreit sind).
Welche Vereinfachungen hat die jüngste Novelle zum Patientenverfügungsgesetz gebracht?
Die Gültigkeitsfrist einer verbindlichen PV wurde von fünf auf acht Jahre verlängert. Die Erneuerung einer verbindlichen PV braucht keine juristische Belehrung mehr, kann also nur durch einen Arzt erfolgen. Vorgesehen ist im Gesetz auch eine zentrale Speicherung der Patientenverfügungen in der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA – damit wären sie rasch ersichtlich. Umgesetzt ist das allerdings noch nicht. „Wir werden aber einfordern, dass das geschieht“, sagt Patientenanwältin Sigrid Pilz. Zwar gibt es derzeit zwei Register (von der Rechtsanwaltskammer sowie der Notariatskammer und dem Roten Kreuz), für die Ärzte besteht aber keine Pflicht, darin nachzusehen. Allerdings ist es in vielen Spitälern Routine, bei der Spitalsaufnahme nachzufragen, ob eine Patientenverfügung existiert.
Gibt es Alternativen zur verbindlichen PV?
Ja, eine sogenannte „andere Patientenverfügung“: Das ist eine (schriftliche) Willenserklärung des Patienten, die nicht alle formalen Voraussetzungen für eine „verbindliche“ PV erfüllt. Auch ihre Inhalte müssen, wenn sie bekannt sind, in die ärztliche Entscheidung einfließen. Allerdings: "Je mehr Formerfordernisse erfüllt sind, desto mehr ist die Patientenverfügung bei der Ermittlung Ihres Willens zu berücksichtigen", heißt es im "Ratgeber Patientenverfügung". Dabei kommt es dann z. B. darauf an, wie konkret die medizinischen Behandlungen, die Gegenstand der Ablehnung sind, beschrieben sind, wie umfassend eine der Errichtung vorangegangene ärztliche Aufklärung war (bzw., ob überhaupt eine solche stattgefunden hat) und inwieweit die Verfügung von den Formvorschriften für eine verbindliche Patientenverfügung abweicht.
Kann man eine Patientenverfügung jederzeit abändern oder widerrufen?
Ein Widerruf kann jederzeit mündlich oder schriftlich erfolgen. Auch schlüssige Handlungen (z.B. ein Kopfschütteln auf eine konkrete Frage bezogen) können den Widerruf ausdrücken. Ebenso sind Änderungen der Patientenverfügung jederzeit möglich. In einem solchen Fall muss allerdings eine neue ärztliche Aufklärung erfolgen.
Wo sind die neuen Unterlagen erhältlich?
Im Internet, z. B. www.patientenanwalt.com/ihre-rechte/patientenverfuegung/
Telefonische Bestellung u. a. bei Hospiz Österreich:
01 / 803 98 68, eMail: dachverband@hospiz.at
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