Wenn es Ina Jaschinski nach einem anstrengenden Arbeitstag ins Wasser zieht, dann nicht nur um sich abzukühlen, sondern um den Kopf freizubekommen. „Man kann den Alltag wörtlich abschwimmen“, sagt die Schwimmtrainerin. Sie mag es, im Wasser nur ihren Körper zu spüren, ganz ohne Reizüberflutung durch Smartphone und ständige Erreichbarkeit. Bereits nach einer Bahn sei es für sie wie ein Clearing.
Auch für Sportmediziner Paul Haber hat Schwimmen einen positiven Einfluss auf die Psyche. „Schwimmen hat wissenschaftlich belegt eine antidepressive Wirkung“, sagt der Mediziner, selbst passionierter Schwimmer und österreichischer Meister im Schwimmen 1964. Für ihn ist es das Gefühl im Wasser, das Schweben und die Leichtigkeit, das eine gewisse Faszination auf ihn ausübt – immerhin sind wir im Wasser nur noch ein Siebtel so schwer wie an Land.
Neben der stimmungsaufhellenden Wirkung der Wassersportart sind sich die beiden Experten einig, dass Schwimmen das Training ist, das ein Leben lang ausgeübt werden kann und auch ausgeübt werden sollte. „Das Schöne am Schwimmen ist, dass es kaum Probleme mit dem Bewegungsapparat gibt – im Gegenteil, es ist für Menschen, die damit Probleme haben, geeignet“, sagt Haber.
Da Wasser eine etwa 1000-mal größere Dichte als Luft hat, begegnet jede Bewegung einem größeren Widerstand – eine natürliche Zeitlupe, die das Verletzungsrisiko minimiert. Schwimmen ist somit eine „Lifetime-Sportart“. Der älteste Kunde, den Ina Jaschinski beim Schwimmtraining begleitet hat, war 74 Jahre alt. „Er war vom Alter her beweglich eingeschränkt, aber selbst da haben wir viel weitergebracht, auch beim Kraulen“, erzählt sie und betont dabei auch die Wichtigkeit eines Coachings, bei dem Trainer mit dem Schwimmer gezielt an der Technik arbeiten können.
Ohne Anleitung ist der Effekt von Schwimmen nicht sehr groß und man kann sogar was falsch machen. Wer sich nicht auskennt, tut sich nichts Gutes.
von Ina Jaschinski, Schwimminstruktorin bei schwimmstil.at
Technik, das A und O
Schwimmen ist eine technikorientierte Sportart und erfordert Know-how. Hat man dieses nicht, können die gesundheitsförderlichen Auswirkungen von gesundheitlichen Schäden begleitet sein, etwa von Verspannungen im Hals-Rücken-Bereich, wenn man beim Brustschwimmen den Kopf permanent über Wasser hält. Auch die Atemtechnik ist wichtig, um nicht vorzeitig zu ermüden und kraftlos aus dem Becken zu schreiten. „Ich würde jedem, der die Sportart regelmäßig betreiben möchte, empfehlen, ordentlich Schwimmen zu lernen – und nicht nur, sich über Wasser zu halten“, sagt Mediziner Haber. Wie sehr die Leistung beim Schwimmen von der richtigen Technik abhängt, verdeutlicht Instruktorin Jaschinski mit einem Beispiel.
„Wenn ein muskelbepackter Mann, der im Fitnessstudio 100 Kilogramm stemmt, im Becken von einem kleinen Mädchen überholt wird, zeigt dies, dass Schwimmen keine Kraft-, sondern eine Techniksache ist“, sagt sie. Und ebendiese zu erlernen, sei alleine vorm Spiegel nicht möglich – auch weil die Bewegungswahrnehmung im Wasser eine ganz andere als an der Luft sei. Selbst Jaschinski lasse ihren Schwimmstil regelmäßig beurteilen, um den größtmöglichen Effekt für die Gesundheit zu erzielen.
Kaum Einschränkungen
Bei den Effekten handelt es sich eher um solche auf Organsysteme denn auf Körperregionen. „Schwimmen ist hervorragend geeignet, um Atmung und Herz-Kreislauf-System zu trainieren und weniger gut geeignet, um Muskulatur zu entwickeln“, sagt Sportarzt und Internist Haber. Ein weiterer Vorteil sei, dass Schwimmen keine gewichtstragende Sportart ist und daher auch für Menschen geeignet ist, die Hüftbeschwerden, Gelenkprobleme oder Übergewicht haben.
Selbst Personen, die von Herz-Kreislauf-Problemen betroffen, aber stabil und medikamentös eingestellt sind, können laut dem Mediziner ihre Bahnen ziehen. Dass nur Menschen, die am Ergometer eine gewisse Wattanzahl schaffen, die ärztliche Freigabe fürs Schwimmen bekommen, wie es in manchen Rehabilitationszentren Usus ist, findet Haber kontraproduktiv. Menschen, die ein kontrolliertes, aber regelmäßiges Kreislauftraining brauchen, sollte man nicht abhalten, eine Sportart auszuüben, welche die Kondition stärkt.
Besonders ab 60 Jahren wird ein spezielles Muskeltraining zusätzlich zum Schwimmen empfehlenswert, da ab diesem Alter ein physiologischer Muskelabbau stattfindet, dem man so entgegenwirken kann.
von Univ. Prof. Dr. Paul Haber, Facharzt für Innere Medizin und Internistische Sportmedizin
Um den größten gesundheitlichen Nutzen aus dem Schwimmen zu ziehen, empfiehlt der Experte, an drei Tagen pro Woche 30 Minuten zu schwimmen und dieses Training langsam zu steigern, bis man auf dreimal 60 Minuten kommt. Das Wichtigste dabei: diese Routine den Rest des Lebens beizubehalten, „um die durchschlagende Wirkung auf alle möglichen Organsysteme“ zu spüren. Mit dem Nachsatz: „Alle Effekte des Trainings schwinden, wenn man es abbricht – Regelmäßigkeit ist neben der Technik eine der wichtigsten Maßnahmen“, sagt Haber und empfiehlt, sich einem Verein anzuschließen, da durch fixe Treffen und Gemeinschaftsgefühl die Motivation länger erhalten bleibe.
Training am Land
Da Schwimmen mehr Konditionstraining als Kraftsport ist, raten die Experten zu komplementären Übungen am Land, um ein Ganzkörpertraining zu erreichen. Arzt Paul Haber empfiehlt ein Muskelkrafttraining mit Fremdgewichten und Gummibändern – etwa zweimal pro Woche eine Kombination aus acht Übungen im Fitnesscenter. Jaschinski verweist auf zusätzliche Einheiten, welche die Bewegung fördern, wie etwa Yoga oder Stretching und zusätzliches Rumpfstabilitätstraining, wie etwa durch Planking. Im Wasser könne man das Schwimmtraining auch variabel halten, indem man Trainingsgeräte wie Paddels oder Kickboards verwendet, wobei diese eher dezent einzusetzen und fortgeschrittenen Schwimmern zu empfehlen seien.
Was für alle gilt, die durch Schwimmen positive Auswirkungen auf die Gesundheit erreichen möchten, ist, sich nicht selbst zu belügen. „Viele verwechseln Schwimmtraining mit Baden. Nur weil ich im Sommer das Gänsehäufel aufsuche und dort schwimme, ist das noch kein Sport. Hier fehlt das Mindestmaß an Anstrengung“, fügt Mediziner Haber abschließend hinzu.
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