Multiple Sklerose: Wie sich das Bild der Krankheit wandelt

Gesundheitstalk-Podium: Barbara Kornek, Markus Schmidt, Gabriele Kuhn (KURIER), Thomas Berger (v.l.n.r.)
Gesundheitstalk: Experten wollen differenziertes Bild vermitteln. Neue Therapien helfen vielen Betroffenen.

„Der goldene Mittelweg ist das Geheimrezept“, sagt Markus Schmidt. Der 27-jährige Leiter einer Kfz-Werkstätte erkrankte als Teenager an Multipler Sklerose (MS), seit zehn Jahren ist er ohne MS-Schub. „Ich mache Sport, ernähre mich gesund, was aber nicht heißt, dass ich nicht auch einmal ein Glas Wein trinken darf. Man sollte sein Leben so leben, wie man es möchte, aber vielleicht nicht übertreiben, sondern die Mitte suchen.“

Multiple Sklerose: Wie sich das Bild der Krankheit wandelt

Markus Schmidt, 27, ist seit zehn Jahren ohne MS-Schub.

Schmidt war einer der Podiumsteilnehmer beim großen Gesundheitstalk „MS: Auch Kinder & Jugendliche kann es treffen“ von KURIER, MedUni Wien und Novartis im Van-Swieten-Saal der MedUni Wien.

„Differenziertes Bild“

Behinderung und Rollstuhl: Noch immer wird MS in der Öffentlichkeit vielfach damit assoziiert. „Es ist aber notwendig, ein differenziertes Bild zu verbreiten“, sagte die Neurologin Barbara Kornek, an der MedUni / AKH Wien Spezialistin für MS bei Kindern und Jugendlichen. „Es geht darum, die Erkrankung weder schönzureden noch zu dramatisieren. Sehr viele Betroffene können heute ein Leben ohne Einschränkungen führen.“

Sehen Sie hier das Video des gesamten Gesundheitstalks:

Das betonte auch Thomas Berger, Vorstand der Uni-Klinik für Neurologie der MedUni Wien: Durch die neuen Therapiemöglichkeiten der vergangenen 20 Jahre habe sich das Stigma verringert, „aber es ist noch vorhanden. Das ist jedoch nicht gerechtfertigt. Aber es dauert lange, um eingefahrene Bilder von bestimmten Erkrankungen zu verändern.“

Multiple Sklerose: Wie sich das Bild der Krankheit wandelt

Neurologe Thomas Berger, MedUni Wien / AKH Wien.

Berger erklärte auch den Mechanismus der Erkrankung: „Unsere Nerven sehen aus wie Elektrokabel: Innen ist der Nerv und rundherum eine Isolierschicht.“ Diese ist das Ziel von Entzündungszellen, die von einem überschießenden Immunsystem gebildet werden. „Sie können in das Gehirn eindringen und dann diese Isolierschicht anknabbern.“ Dies sei die Ursache für die Beschwerden.

Gefühls- und Sehstörungen

Vorzeichen gibt es keine: „Egal, ob Kindes-, Jugend- oder Erwachsenenalter: Mehr oder weniger plötzlich entwickeln sich innerhalb von ein, zwei Tagen die Beschwerden, zu den häufigsten gehören Gefühlsstörungen und einseitige Sehstörungen“, schilderte Berger.

„Bei Kindern und Jugendlichen gibt es praktisch ausschließlich schubhafte Verläufe“, sagte Kornek: „Schub bedeutet, dass neue Beschwerden auftreten, die mindestens 24 Stunden, aber auch ein paar Wochen anhalten können. Danach bilden sich die Beschwerden teilweise oder vollständig zurück. “

Multiple Sklerose: Wie sich das Bild der Krankheit wandelt

Neurologin Barbara Kornek, MedUni Wien / AKH Wien.

Die meisten Medikamente seien darauf ausgerichtet, die überschießende Reaktion des Immunsystems herunterzubügeln, erläuterte Berger. Dadurch werde das Auftreten von Schüben verhindert oder zumindest deutlich reduziert. Wobei die Therapien heute sehr individuell seien, wie Kornek ausführte: Es stehen dafür – in unterschiedlichen Zeitabständen, was die Verabreichung betrifft – Spritzen, Infusionen und Tabletten zur Verfügung.

„Grundsätzlich ist es eine Dauertherapie, allerdings kann man unter bestimmten Umständen ein Absetzen überlegen, aber in der Regel nicht bei jungen Patientinnen und Patienten.“

Die Krankheitsursachen sind nicht eindeutig geklärt. „Es gibt eine erbliche Komponente, aber es ist keine Erbkrankheit“, betonte Kornek. „Es gibt nicht den einen Risikofaktor der den, der erkrankt, von dem unterscheidet, der nicht erkrankt.“

Es gebe auch keine fundierten Daten, dass mit einer bestimmten Ernährung der Krankheitsverlauf ein günstigerer sei. Sport sei zu begrüßen, „und da gibt es auch keine Einschränkungen nach oben: Vor 20 Jahren hat man den Leuten gesagt, strengen Sie sich nicht zu sehr an, heute ist das ganz anders.“

Rauchen wirkt ungünstig

Einer der wenigen Faktoren, von denen man wisse, dass er ungünstig für den Verlauf einer MS-Erkrankung ist, ist das Rauchen: „Eine Studie der MedUni Innsbruck hat gezeigt: Wer einen ersten Schub hatte und weiter raucht, hat ein höheres Risiko für einen weiteren Schub wie jemand, der nicht raucht .“

Tipp: Die nächste Veranstaltung

Der nächste Gesundheitstalk von KURIER, MedUni Wien und Novartis findet am 15.5. zum Thema „Juckreiz: Zum aus der Haut fahren“ statt. Einer der Podiumsteilnehmer wird Wolfgang Weninger, neuer Leiter der Uni-Klinik für Dermatologie der MedUni / AKH Wien und international bekannter Experte für entzündliche Hauterkrankungen, sein.  

Veranstaltungsort: Van-Swieten-Saal der MedUni Wien, Van-Swieten-Gasse 1a (Ecke Währinger Str.), 1090 Wien, 18.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Kommentare