Die häufigste Ursache von Herzstillstand
"In unseren Breiten ist die koronare Herzkrankheit, also die Verkalkung der Herzkranzgefäße die häufigste Ursache", erläutert Niebauer. "Es kommt zu Durchblutungsstörungen und schließlich zu einem Gefäßverschluss, einem Herzinfarkt." Das über dieses Gefäß versorgte Areal des Herzmuskels wird nicht mehr mit Sauerstoff versorgt: "Das kann zu einer elektrischen Instabilität und in der Folge zu einem Kammerflimmern führen." Ohne rasche Reanimation verläuft es tödlich.
Niebauer betont, dass nicht jeder Herzinfarkt ein Kammerflimmern auslöst, "aber es ist leider nach wie vor so, dass nahezu die Hälfte der Patienten mit einem Infarkt diesen nicht überlebt".
Kammerflimmern: Warum es so gefährlich ist
Denn ein Kammerflimmern ist - unbehandelt - eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung: "Es können Herzfrequenzen von 300 bis 400 Schlägen pro Minute auftreten. Das ist aber viel zu schnell, als dass sich der Herzmuskel noch zusammenziehen und erweitern kann. Die Folge ist, dass er stehen bleibt, es zum Herzstillstand kommt."
Niebauer zieht einen Vergleich mit einem Lichtschalter: "Wenn Sie diesen ganz schnell ein- und ausschalten, so wird die Glühbirne bis zu einer gewissen Frequenz mitkommen, aber irgendwann wird die Frequenz zu schnell sein und die Birne bleibt dunkel."
Wobei es nicht unbedingt zu einem Gefäßverschluss kommen muss: "Auch eine starke Gefäßverengung, die ebenfalls bereits zu einer schlechten Sauerstoffversorgung eines Teils des Herzmuskels führt, kann eine elektrische Instabilität und Kammerflimmern auslösen."
Herzschwäche: Sie ist ein Risikofaktor für sich
"Eine koronare Herzkrankheit sowohl mit als auch ohne Infarkt kann ebenso wie andere Herzerkrankungen langfristig zu einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) führen, da zu wenig bzw. gar kein sauerstoffreiches Blut zum Herzmuskel gelangt, es zur Narbenbildung kommt und in der Folge eine eingeschränkte Pumpleistung vorliegt", erklärt der Kardiologe. "Aufgrund der elektrischen Instabilität durch Sauerstoffmangel im Herzmuskel, aber auch durch die Narben selbst kann es zu Kammerflimmern kommen." Bei diesen Patienten kann es notwendig werden, dass ein Defibrillator implantiert werden muss, der automatisch beim Auftreten von Rhythmusstörungen einen Schock abgibt.
Herzstillstand bei jungen Menschen
Kommt es bei jungen Menschen zu einem plötzlichen Herzstillstand, sind meistens unerkannte angeborene Herzfehler die Ursache. Bei sogenannten Ionenkanalerkrankungen funktioniert die elektrische Signalübertragung zwischen den Herzzellen nicht einwandfrei, "auch hier kann es in der Folge zu Kammerflimmern kommen. Auch anatomische Veränderungen wie Fehlabgänge und Fehlverläufe oder Muskelbrücken über Herzkranzarterien können ein Auslöser sein."
Herzmuskelentzündungen nach einer Infektion
Eine weitere Ursache kann eine Herzmuskelentzündung sein, etwa als Folge einer Virusinfektion. Influenza- oder auch Coronaviren zum Beispiel können nicht nur die Atemwege infizieren, sondern auch Herzmuskelzellen. "Und wenn die Symptome in der Nase oder der Lunge schon abgeklungen sind, heißt das nicht, dass auch das Herz nicht mehr beeinträchtigt ist."
Oft sei dann etwa von einer "übergangenen Grippe" die Rede: "Da schwingt immer mit, dass man sich nicht ausreichend geschont hat, nicht vorsichtig genug war", sagt Niebauer. "Aber das stimmt nicht immer, man kann alles richtig gemacht haben, sich ausreichend geschont und erholt haben, und trotzdem kommt es zu einer gravierenderen Herzmuskelentzündung mit Symptomen bis hin zu Rhythmusstörungen."
Die meisten Herzmuskelentzündungen verlaufen allerdings ohne Komplikationen, vielfach auch ohne jegliches Symptom.
Die große Rolle des Lebensstils
Auch der Lebensstil hat einen Einfluss auf das Risiko eines Herzstillstandes. "Rauchen, wenig Bewegung, Übergewicht, hoher Blutdruck, hohe Blutfett - und Blutzuckerwerte sind beeinflussbare Risikofaktoren, die das Risiko einer koronaren Herzerkrankung erhöhen. All das begünstigt die Kalkeinlagerungen in den Gefäßinnenwänden und die Bildung von Engstellen."
Hoher Alkoholkonsum über lange Zeit ist ebenfalls ein Risikofaktor für die Entstehung von Herzmuskelschwäche und Kammerflimmern, ebenso wie der Konsum anderer Drogen.
Was Kammerflimmern und Vorhofflimmern unterscheidet
Im Gegensatz zum tödlichen Kammerflimmern ist das sogenannte Vorhofflimmern "grundsätzlich eine gutartige Rhythmusstörung, bei der es zwar in den Vorhöfen, nicht aber in den Hauptkammern zu einer derart hohen Herzfrequenz wie beim Kammerflimmern kommen kann", betont Niebauer. "Selbst wenn ein Vorhof mit 300 bis 400 Schlägen pro Minute pulsiert, werden auf die Herzkammer zum Beispiel nur 150 Pulsschläge übertragen, und das tolerieren wir für eine gewisse Zeit problemlos."
Grund dafür ist der sogenannte AV-Knoten zwischen Vorhof und Herzkammer, das sind spezielle Herzzellen, die die Herzfrequenz regulieren und hier wie eine Art Filter wirken. Kardiologe Niebauer: "Deshalb ist Vorhofflimmern in der Regel nicht an sich tödlich, trotzdem ist es unbehandelt gefährlich, weil sich im Vorhof Blutgerinnsel bilden können und es dann zu einem Schlaganfall - seltener auch einem Herzinfarkt - kommen kann. Und diese Folge kann dann natürlich sehr wohl auch tödlich verlaufen, nicht aber das Vorhofflimmern selbst. "
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