Heilende Kraft der Gedanken: Wie sie jeder nützen kann
Es klingt fast zu einfach, sogar ein wenig esoterisch: „Wir können mit unseren Gedanken Einfluss auf unsere Gesundheit und Heilung nehmen.“ Doch die Frau, die das sagt, ist Fachärztin für Pathologie, habilitierte Privatdozentin und überzeugte Schulmedizinerin: Die Wienerin Katharina Schmid arbeitet seit 2009 als selbstständige Ärztin in Straubing, Bayern. In ihrem Buch „Kopfsache gesund – Die Wissenschaft entdeckt die Heilkraft der Gedanken“ (siehe unten) beschreibt sie anhand neuer Forschungsergebnisse, wie Gedanken eine gesundheitsfördernde Wirkung entfalten können – ähnlich wie Fitness und gesunde Ernährung.
KURIER: Gibt es wirklich so etwas wie „gesundheitsförderndes Denken“?
Katharina Schmid: Ein Gedanke an sich ist vollkommen harmlos. Es ist wichtig, zwischen den flüchtigen Gedanken – das ist die Mehrheit – und den zielgerichteten heilenden Gedanken zu unterscheiden. Ein Gedanke wird erst dann heilend – oder auch destruktiv –, wenn ich ihn mit einem inneren Bild assoziiere und vor allem mit einem intensiven Gefühl. Je intensiver das Gefühl ist, mit dem der Gedanke verbunden wird, umso kraftvoller und mächtiger wird er.
Können Sie ein Beispiel geben?
Wenn Sie vor einer Operation stehen, kreisen in der Regel viele Ihrer Gedanken um das Thema, „hoffentlich geht alles gut“. Stellen Sie sich in dieser Situation ganz konkret etwas vor, was Sie nach dem Eingriff tun wollen und verbinden Sie das mit einem schönen, inneren Gefühl: Also wie Sie jetzt – in der Gegenwart, nicht irgendwann – zum Beispiel eine schöne Reise in ihr liebstes Urlaubsland machen und gut essen gehen. Damit kommen sie aus der Ohnmacht durch die negativen Gedankenspiralen heraus.
Worin liegt da der Unterschied zum „positiven Denken“?
Positives Denken ist reines Schönreden, nach dem Motto „Das wird schon“. Zielgerichtete Gedanken sind anders: Ich schaue mir genau an, wo ich jetzt stehe und überlege mir dann mein Zielbild. Dieses verknüpfe ich mit den positiven inneren Bildern und intensiven Gefühlen, die ich früher bei einem ähnlichen Erlebnis hatte. Zielgerichtetes, heilendes Denken basiert also auf einer realistischen Einschätzung der Gegenwart.
Muss man diese Art zu denken nicht irgendwie trainieren?
Ja, man muss diese Gedanken regelmäßig wiederholen. So kann man dem Gehirn positive Erfahrungen „im Trockentraining“ vermitteln. So wie man ins Fitnesscenter geht, um dann für eine Bergtour fit zu sein. Das Gehirn kann dann nicht mehr unterscheiden, ob ich wirklich am Strand liege oder das nur eine Fantasie ist. Dadurch werden frühere negative Erfahrungen „überschrieben“.
Es ist belegt, dass solche emotional positiv besetzten Zielbilder das Immunsystem und den Heilungsprozess unterstützen und die eigene Kompetenz im Umgang mit schwierigen Situationen erhöhen. Ob dann dieses Zielbild tatsächlich Realität wird, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass das Zielbild in einer rundherum unglücklichen Situation Glücksgefühle und Kraft spendet. Mit der Zeit fühlt man sich dadurch besser.
Ich kann also Gedanken bewusst steuern?
Ja. Die meisten Menschen glauben, dass es von äußeren Einflüssen abhängt, ob Sie sich gut oder schlecht fühlen, wütend oder froh sind. Dabei kann man – was viele nicht glauben – über die Gedanken auch die Gefühle steuern. Die Gedanken sind den Gefühlen übergeordnet.
Wie setzen Sie das in Ihrer Arbeit als Ärztin ein?
Viele Menschen kreisen Tag für Tag um dieselben Gedanken – viele davon sind negativ. Mit meinen Patienten bespreche ich intensiv, warum und wie sie sich ein Zielbild suchen sollen, es mit positiven Gefühlen verknüpfen und immer wieder und wieder bewusst daran denken. Meine Erfahrung ist: Die Patienten werden zufriedener und zuversichtlicher. Und es ist nicht dem Zufall überlassen, ob jemand ein solches positives gedankliches Ziel hat. Das kann man ganz bewusst herbeiführen. Ich bin überzeugt, dass Medikamente besser wirken, wenn man sich entsprechende Zielbilder aufbaut.
Haben Sie auch solche gedanklichen Ziele, an die Sie immer wieder und wieder denken?
Ja, ich wende diese Methode seit 30 Jahren bei mir selbst an. Man muss nicht krank sein, um das zu tun. Man kann sich auch ein berufliches oder privates Zielbild vorstellen, als ob es schon Realität wäre, immer wieder und wieder. Man kann damit generell herausfordernde Situationen gedanklich einüben. Auch aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Das hilft, das Ziel wirklich zu erreichen. Und letztlich ist das alles nichts anderes, als in den alten Medizintraditionen in Ost und West immer schon gelehrt wurde: Dass es einen Zusammenhang zwischen unserer Art zu denken und unserem Körper gibt.
Buchtipp:
Katharina Schmid: „Kopfsache gesund – Die Wissenschaft entdeckt die Heilkraft der Gedanken“, edition a, 210 Seiten, 22 Euro
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