Faktencheck: Wurde die Krätze durch Migration stärker verbreitet?

woman scratching her itchy neck with allergy rash
FPÖ-Politiker Johann Gudenus deutet in einem Facebook-Posting an, die "Willkommenskultur" trage zur Verbreitung des Hautausschlags bei.

Österreichs Krankenhäuser und Hautärzte berichten von deutlichen Zunahmen bei Krätze. In der Hautambulanz der MedUni Graz hat sich die Zahl der Patienten im Vergleich zum Vorjahr etwa verdoppelt – pro Tag kommen im Schnitt fünf bis zehn Krätze-Patienten. Auch im AKH Wien wurden Steigerungen beobachtet, im Dezember 2018 waren es beispielsweise dreimal so viele Patienten wie im Dezember 2017. Woher kommt die Zunahme und stimmt es, dass Flüchtlinge sie verbreitet haben? Krätze-Mythen im KURIER-Faktencheck:

Wurde die Krankheit von Flüchtlingen nach Österreich gebracht?

Krätze tauchte hierzulande nicht erst durch die Fluchtbewegungen auf. Der juckende Hautausschlag war in Österreich immer wieder verbreitet, es gibt aber stärkere und schwächere Jahre. „Wir wissen aus der Geschichte der Skabies, dass das Auftreten der Erkrankung einem zyklischen Rhythmus folgt. Früher hat man gesagt alle 15 Jahre, dann wurden es alle sieben Jahre. Heute ist das etwas verschwommen“, sagt Regina Fink-Puches, Leiterin der Dermatologie-Ambulanz der Uniklinik Graz. Die Behauptung von FPÖ-Politiker Johann Gudenus, der in einem Facebook-Posting andeutet, dass die Krätze-Verbreitung mit der "Willkommenskultur" zu tun hat, stimmt nicht.

Faktencheck: Wurde die Krätze durch Migration stärker verbreitet?

Warum ist Krätze dann derzeit so stark verbreitet?

Darauf gibt es keine klare Antwort. Klar ist, dass Krätze seit jeher immer wieder verstärkt in Österreich auftritt und dass es genauso schwächere Jahre mit weniger Infektionen gibt. An der MedUni Wien startet demnächst eine Studie, die genau das untersucht.

Sind Migranten häufiger betroffen?

Unter den Krätze-Patienten gibt es kein eindeutiges Muster. Betroffene gibt es in allen Altersgruppen und Berufen, bunt gemischt aus allen Bezirken Wiens“, betont Alessandra Handisurya, Leiterin der Dermatologie-Ambulanz im AKH Wien. Ähnlich wie bei Kopfläusen hat eine Infektion nichts mit persönlicher Herkunft oder Vorgeschichte zu tun.

Warum eigentlich, Frau Alessandra Handisurya?

Gibt es andere Häufungen?

Die Erkrankung tritt immer wieder auch dort auf, wo Menschen eng beisammen sind, etwa in Kindergärten, Schulen oder Pflegeheimen. Das hat damit zu tun, dass sich die Milbe bei engem Kontakt zwischen Menschen leichter verbreiten kann. Wenn Kinder im Kindergarten etwa miteinander kuscheln, kann die Krätzmilbe von einem Kind ans nächste weitergegeben werden.

Liegt die Verbreitung an mangelnder Hygiene?

Hygiene und Körperpflege spielen keine Rolle. Die Krätzmilbe ist mit Wasser und Seife nicht zu vertreiben – auch wenn der juckende Hautausschlag häufig mit schlechter Körperpflege in Verbindung gebracht wird. „Wenn man sich häufig duscht und sehr hygienisch lebt, kann sich die Milbe auf der Haut schlechter ausbreiten. Der Juckreiz ist aber genauso da und die Personen sind für die Übertragung sogar gefährlicher, da das Krankheitsbild schwieriger erkannt wird“, erklärt Regina Fink-Puches. Man spricht dann von Gepflegter Skabies.

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Wie wird die Krätze übertragen?

Auslöser des juckenden Hautausschlags ist die Krätzmilbe. Der Parasit wird durch engen Hautkontakt übertragen und gräbt kleine Gänge in die Haut. Sie werden als feine rote Linien sichtbar. Dort legt die Milbe ihre Eier und ihren Kot ab, die Haut reagiert mit Pusteln und starkem Juckreiz. Für eine Übertragung braucht es einen Hautkontakt von fünf bis zehn Minuten – Nebeneinander im Bus oder Wartezimmer zu sitzen, reicht nicht aus, um sich anzustecken.

Wie wird die Krätze behandelt?

Meist wird mit einer Creme behandelt – sie muss am ganzen Körper aufgetragen werden und für acht bis zwölf Stunden einwirken. Einmal reicht üblicherweise aus, aufgrund der starken Verbreitung rät Regina Fink-Puches jedoch zu einer Wiederholung der Behandlung nach einer Woche. Wichtig ist, den Anweisungen beim Eincremen genau zu folgen (z.B. Hände danach nicht abwaschen) und auch Familienmitglieder, Sexualpartner sowie Personen im selben Haushalt zu behandeln.

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