Brustkrebs: Forderung nach Therapien auch beim niedergelassenen Arzt
Brustkrebs ist mit mehr als 5.500 Neuerkrankungen pro Jahr die bei weitem häufigste Krebserkrankung von Frauen. Eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Nach einer Operation bzw. einem stationären Aufenthalt sind häufig weiter regelmäßige Spitalsbesuche für längerfristige Behandlungen wie Chemotherapien oder Antikörpertherapien notwendig, die per Infusion oder auch per Spritzen verabreicht werden. Das Patientinnen-Netzwerk Europa Donna fordert jetzt, dass derartige Behandlungen auch außerhalb von Krankenhäusern bei niedergelassenen Onkologen bzw. generell spezialisierten Ärzten durchgeführt werden können.
"Durch die Einrichtung von onkologischen Ordinationen oder Ambulanzen könnten die Patientinnen ihre Chemotherapie und andere Behandlungen besser in den Alltag integrieren. Es wäre ein großer Gewinn an Lebenszeit und würde auch Kosten sparen", betont Marianne Wenzl, Geschäftsführerin von Europa Donna Österreich, im Vorfeld des Brustkrebsmonats Oktober.
"Es ist ein großes Problem aus meiner Sicht, dass Chemotherapien nur im Krankenhaus durchgeführt werden", sagt auch der Gynäkologe Christian Singer, Leiter des Brustgesundheitszentrums an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Wien.
"Das gehört hinaus. Ich kann mir das vorstellen, dass in Zukunft eine Chemotherapie nicht im Krankenhaus, sondern im niedergelassenen Bereich angeboten wird." Es sei bizarr, dass man Antikörper-Therapien wie jene mit dem Präparat Herceptin - "das kann man mit einer Spritze unter die Haut verabreichen" - nur im Krankenhaus machen könne, betont Singer. Zwar gebe es Chemotherapien, die genau überwacht werden müssten: "Aber es gibt auch viele, die man problemlos ambulant durchführen kann."
"Den ganzen Tag beschäftigt"
Egal ob Chemotherapie oder eine Therapie mit ganz gezielt wirkenden Medikamenten: "Die Patientinnen müssen ins Krankenhaus, mit dem sie manchmal auch schlechte Assoziationen verbinden und sind damit den ganzen Tag beschäftigt", erklärt Singer.
In Deutschland, der Schweiz oder den USA sei das auch ambulant möglich: "Das ist nicht gefährlich. Ich muss Kollegen aus dem Ausland immer wieder erklären, warum das bei uns nicht geht. Es ist ein rein verrechnungstechnisches Problem." Im niedergelassenen Bereich sind die Krankenkassen zuständig für die Kostenerstattung, im Spital der Träger des Spitals.
Keine Keimbelastung
"Man würde den Patientinnen auch die Belastung mit Spitalskeimen ersparen", betont die speziell für Brusterkrankungen ausgebildete Krankenschwester (Breast Care Nurse) Lisa Wiedermann.
"Die Möglichkeit, solche Therapien auch im niedergelassenen Bereich durchführen zu können, könnte ein Anreiz sein, als Onkologe in den niedergelassenen Bereich zu gehen", sagt Mona Elzayat, Präsidentin von Europa Donna. Denn derzeit gibt es nur sehr wenige Onkologen im niedergelassenen Bereich. Wobei Gynäkologe Singer betont, dass auch entsprechend ausgebildete Ärzte anderer Fachrichtungen, etwa Gynäkologen, Chirurgen oder auch Urolgen, solche Therapien anbieten könnten.
Das vor 25 Jahren gegründete Patientinnen-Netzwerk Europa Donna will Betroffenen Zugang zu bestmöglicher Information, Betreuung, Behandlung und Nachsorge verschaffen, es setzt sich für mehr Forschung und mehr Bewusstsein in der Öffentlichkeit ein, betont Elzayat.
Initiativen von Europa Donna ist es zu verdanken, dass sich das Europäische Parlament für die Einrichtung von flächendeckenden Brustkrebs-Screeningprogrammen (Mammografie-Vorsorge) sowie zur Installierung von zertifizierten Brustgesundheitszentren eingesetzt hat. In Österreich wurden in den vergangenen zehn Jahren 30 Brustgesundheitszentren mit standardisierten Qualitätskriterien eingerichtet.
Kommentare