Katharina Lintner bäckt Krapfen so gut wie die Oma
In der Küche der Café-Konditorei Lintner duftet es nach Fett und Zucker. „Lasst eure Mäntel lieber draußen, sonst riecht nachher alles nach Krapfen!“, warnt Katharina Lintner, als sie die Tür zu ihrem Reich öffnet. Es ist neun Uhr morgens, die 37-jährige Zuckerbäckerin steht seit fünf Stunden in der Backstube. „Anders geht es nicht – um sieben Uhr sperren wir auf, da müssen die ersten Krapfen fertig sein.“
Nachschub bitte!
Lange dauert es nicht, bis die Vitrine wieder leer ist und Lintner die nächste Fuhr bringen muss. In der Faschingszeit sind die Krapfen der Star im kleinen Familienbetrieb in Wien-Gersthof: Anders als in den meisten Bäckereien werden sie hier noch händisch und mit frischen Zutaten hergestellt. An die hundert Stück bäckt Lintner zwischen 11. 11. und Faschingsdienstag jeden Tag. „Die modernen Geräte können mit unseren Teigen nach altem Rezept gar nicht umgehen“, erklärt die Zuckerbäckerin. Neben handwerklichem Geschick erfordert die alte Backkunst in erster Linie viel Geduld.
Es dampfelt
Das Familienrezept ist handgeschrieben und bleibt streng geheim. Zuerst vermischt Lintner die Zutaten für den Teig, dann rührt sie aus Milch, frischem (!) Germ, Mehl und Zucker das „Dampfl“, ein sämiger Vorteig. Wenn es „blubbert“, kommen Butter, Dotter, Vanille, Salz, Zitrone und Rum dazu. Der Alkohol verdampft und sorgt dafür, dass die Krapfen beim Frittieren nicht so viel Fett aufnehmen.
Portionsweise
Das Dampfl ist es auch, was Lintners Krapfen von der Masse abhebt, erklärt sie, während der Teig zugedeckt eine halbe Stunde „entspannt“: „Die meisten Bäcker machen das Dampfl nicht selber, weil es zu viele Arbeitsschritte umfasst. Sie verwenden fertige Mischungen, die nur noch mit Wasser angerührt werden müssen.“ Der Mehraufwand zahlt sich spätestens auf dem Gaumen aus: „Unsere Krapfen schmecken feiner als die Massenware.“ Da steigt die Vorfreude auf die erste Kostprobe – doch zuerst muss die ausgeruhte und aufgegangene Teigwurst portioniert werden. Lintner verwendet einen „Krapfeneinteiler“, den ihr Vater eigens anfertigen ließ. Dann heißt es wieder warten und dem Teig beim Ruhen zusehen. „Es ist eine meditative Arbeit. Ich könnte mir nicht vorstellen, in einem Büro zu sitzen“, sagt die Mutter einer Tochter.
Sobald die Krapfen in spe auf das Doppelte aufgegangen sind, beginnt sie zu schleifen: So nennt man die kreisenden Handbewegungen, mit der die Teigpatzen zu glatten, runden Kugeln geformt werden. Eine Technik, die viele junge Zuckerbäcker nicht mehr beherrschen. „Sie lernen es kurz in der Berufsschule und brauchen es dann nie wieder, weil es dafür schon spezielle Maschinen gibt. Heute müsstest du im Grunde gar nichts mehr selber machen.“
Das Dampfl ist es auch, was Lintners Krapfen von der Masse abhebt, erklärt sie, während der Teig zugedeckt eine halbe Stunde „entspannt“: „Die meisten Bäcker machen das Dampfl nicht selber, weil es zu viele Arbeitsschritte umfasst. Sie verwenden fertige Mischungen, die nur noch mit Wasser angerührt werden müssen.“ Der Mehraufwand zahlt sich spätestens auf dem Gaumen aus: „Unsere Krapfen schmecken feiner als die Massenware.“ Da steigt die Vorfreude auf die erste Kostprobe – doch zuerst muss die ausgeruhte und aufgegangene Teigwurst portioniert werden. Lintner verwendet einen „Krapfeneinteiler“, den ihr Vater eigens anfertigen ließ. Dann heißt es wieder warten und dem Teig beim Ruhen zusehen. „Es ist eine meditative Arbeit. Ich könnte mir nicht vorstellen, in einem Büro zu sitzen“, sagt die Mutter einer Tochter.
Runde Kugeln
Sobald die Krapfen in spe auf das Doppelte aufgegangen sind, beginnt sie zu schleifen: So nennt man die kreisenden Handbewegungen, mit der die Teigpatzen zu glatten, runden Kugeln geformt werden. Eine Technik, die viele junge Zuckerbäcker nicht mehr beherrschen. „Sie lernen es kurz in der Berufsschule und brauchen es dann nie wieder, weil es dafür schon spezielle Maschinen gibt. Heute müsstest du im Grunde gar nichts mehr selber machen.“
Schicksalsschlag
Lintner hat das Schleifen von ihrem Vater gelernt, der das Geschäft 1972 von seinem Vater übernommen hat und mit dem sie bis vor einem Jahr jeden Tag in der Backstube stand. Für das Erhalten der Wiener Kaffeehaustradition dürfen sie sogar das UNESCO-Zeichen für immaterielles Kulturerbe führen.
Dann, plötzlich, erlitt Max Lintner einen Schlaganfall. Seitdem ist seine Tochter alleine für die täglich frischen Torten, Strudel und Kuchen verantwortlich – ein Zustand, der nicht mehr tragbar ist. „Es kommt für uns nicht in Frage, auf Maschinen umzustellen“, betont Lintner. Nach langem Überlegen hat sich die Familie – Mutter Brigitte schupft Verkauf und Personal – daher entschlossen, die Konditorei Ende Februar nach 94 Jahren zu schließen. „Wir haben uns bemüht, aber es geht nicht mehr“, bedauert Brigitte Lintner sichtlich betroffen. Süßes wird es an dem Standort weiterhin geben: „Das war uns sehr wichtig.“ Die vielen Stammgäste werden künftig von der Kurkonditorei Oberlaa versorgt.
Bis es so weit ist, werden aber noch Hunderte Lintner-Krapfen über die Ladentheke gehen. Dass Papa Lintner in der Backstube allgegenwärtig ist, zeigt sich, als seine Tochter die frisch herausgebackenen Krapfen mit Marmelade füllt. Nein, Vanillecreme ist kein Thema. „Ich habe das einmal vorgeschlagen, aber Papa war streng. Heute weiß ich, dass er recht hatte. Es hätte nicht zu uns gepasst.“ Die Kunden schätzen die haus- und handgemachten Mehlspeisen ohne künstliche Zusätze heute mehr denn je. „Vor allem Jungfamilien lieben es, wenn der Krapfen schmeckt wie von der Oma“, sagt Lintner. „Da macht es auch nichts, wenn nicht jeder exakt gleich ausschaut.“
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