Kritiker packt über Flugzeug-Essen aus

Kritiker packt über Flugzeug-Essen aus
Nikos Loukas testet hauptberuflich für seine Website inflightfeed Essen auf Flügen rund um die Welt.

Nikos Loukas ist ein seltsamer Mann – die lukullischen Ergüsse hoch über den Wolken bezeichnet er als magisch. Die Faszination auf 35.000 Fuß hoch zu essen, und währenddessen mehr als 800 Kilometer die Stunde zurückzulegen, lässt ihn einfach nicht los. Es lag daher nahe, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen: Loukas legt jedes Jahr mehr als 180.000 Kilometer für seine Website inflightfeed.com zurück, für diese erstellt er Ranglisten über die besten und schlechtesten Flugzeug-Menüs der Welt.

Anfangs nahm er seine Idee nicht ganz so ernst, es war eher ein kleiner Spaß, den er sich erlaubte. Weil er nach Europa übersiedelte und noch keinen Job hatte, bastelte er an einer Bewertungs-Seite. Das Ziel ist, während eines Flugs möglichst viele Snacks der Economy-Klasse und Menüs der Ersten Klasse durchzukosten, wie der Profi-Flieger in einem Interview mit der britischen Tageszeitung Daily Telegraph erzählt. Das beste Flugzeug-Essen, das er je serviert bekommen hat? "Entweder der Lobster-Thermidor (Anm: Eine Speise, die Auguste Escoffier 1880 kreierte, dabei wird der Panzer mit einer Mischung aus Hummerfleisch, Eigelb und Brandy gemischt) oder das Kyo-Kaiseki (Anm: jahreszeitlich abgestimmtes Menü) der Singapore Airlines in der ersten Klasse." Generell lasse sich sagen, dass Turkish Airlines das beste kulinarische Angebot hat, deren Catering der heimische Anbieter Do&Co übernimmt. Oft schmeckt die Speise, aber der Tester hat wirklich keine Ahnung, worum es sich gehandelt hat:

Klingt nach Haute Cuisine, doch der hauptberufliche Tester macht natürlich auch ganz andere Erfahrungen. Die schlechteste Mahlzeit auf einem Flug, die er je bekommen hat? "Eine Art von Hendl-Mysterium-Fleisch-Menü auf einem Flug der Ukraine International Airlines. Es kostete 9 Euro, bescherte mir aber kein Vergnügen."

Den Start ins neue Jahr hatte er sich mit SAS auch anders vorgestellt:

Aber eine Speise, oder besser gesagt deren Präsentation, hat er bis heute nicht vergessen: das Hello-Kitty-Kindermenü auf dem Flug von Paris nach Taipei mit Eva Air:

"Das Menü bestellte ich mit dem Wissen, dass ich diese Kinder-Special-Box bekommen würde. Als die Crew das Essen servierte, suchte sie in meiner Reihe nach einem Kind. Meine Sitznachbarn amüsierten sich sehr."

Was ein gutes Flugzeug-Essen ausmacht? "Ich mag jene Airlines, die mit ihren Menüs eine Geschichte erzählen wollen: In der Art wie Swiss oder Aegean Airlines versuchen, ihren Bord-Gästen den Geschmack ihrer Heimat zu vermitteln." Längst schreibt Loukas nicht nur Kritiken, sondern schult das Bordpersonal in Fragen der appetitlichen Präsentation und des höflichen Servierens. Zudem will er mithilfe von Crowdfunding eine Dokumentation finanzieren und den Leuten zeigen, was Airlines alles auf sich nehmen, um Speisen mit hoher Qualität zu servieren. So zeigt er sich auch vom Angebot der Air France begeistert:

Was sagt der Profi eigentlich zum österreichischen Unternehmen Do&Co, das unter anderem das Catering für AUA und Fly Niki übernimmt? "Eines der besten Essen der Welt."

"Es gibt keine f***ing Möglichkeit, dass ich in Flugzeugen etwas essen werde" – Gordon Ramsay, Enfant Terrible unter den britischen Küchenchefs, machte in einem Interview sehr deutlich, was er von der Kochkunst über den Wolken hält. In dem Interview erzählte er weiters, dass seine Abneigung entstand, als er für Flugunternehmen arbeitete: "Also weiß ich, wo das Essen gewesen ist, wohin es geht und wie lange es braucht, überhaupt an Bord zu kommen."

Erst vor wenigen Wochen verbreitete sich eine Meldung über das traurigste Flugzeug-Essen aller Zeiten, es handelte sich damals um lieblos verpackte Rohkost-Sticks als vegetarische Menü-Alternative. Economy-Class-Reisende kennen zahlreiche Kritikpunkte rund um die Verköstigung während des Fluges: Verpackung, Zubereitung und Präsentation der Menüs, aber auch die generellen Flugbedingungen wie zu kleine Tischchen und zu wenig Beinfreiheit beeinträchtigen das lukullische Vergnügen. Laut Charles Spence, Experimenteller Psychologe an der Uni Oxford, muss Flugzeug-Essen am Boden vorbereitet werden, um anschließend gefroren und erst an Bord aufgetaut zu werden.

Obwohl Passagierflugzeuge generell in Höhen von rund 12.000 Meter über der Erdoberfläche unterwegs sind, wird in Flugzeugkabinen ein Druck erzeugt, der mit einer Höhe von 2.500 Metern über dem Meeresspiegel vergleichbar ist: Dadurch wäre es schwierig, frische Mahlzeiten an Bord vorzubereiten, erklärt der Wissenschafter in einem Interview mit dem Magazin Time. "Da die Mahlzeiten im Voraus zubereitet werden, müssen sie für einige Stunden lagerstabil sein", erklärt Spence. "Danach werden sie unter nicht idealen Bedingungen aufgewärmt, was dazu beiträgt, dass das Essen weniger schmeckt."

Auf den Teller kommen Speisen mit viel Flüssigkeit

Guillaume de Syon, Professor im Albright College in Pennsylvania, ergänzt: "Während die Menüs mit ähnlichen Methoden hergestellt werden, wie Essen in Fastfood-Restaurants, müssen Flugbegleiter eine größere Anzahl an Gästen bewirten als Mitarbeiter von Fastfood-Restaurants." Da Fluglinien mehr als hundert Passagiere auf einmal versorgen müssen, müssen sie alles dafür tun, dass das Essen nicht austrocknet. Für den typischen Economy-Class-Tarif gibt es daher Hendl oder Rindfleisch mit Sauce und zerstampfte Erdäpfel. Die Unternehmen wüssten, dass ihr Essen ohne Tricks entweder kalt oder trocken serviert würde, meint de Syon, dessen Spezialgebiet die Geschichte der Luftfahrt ist. "Die Lösung? Alles, was man in einer Flüssigkeit servieren kann."

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Ob die Paradeiserpille allerdings auch die Häufigkeit von Herzerkrankungen reduziert,  muss erst in einer größeren Studie untersucht werden. Schon frühere Untersuchungen zeigen die positiven Auswirkungen des Inhaltsstoffes Lycopin in Paradeisern, der auch für ihre rote Farbe verantwortlich ist.
Aber selbst wenn die Menüs vor dem Start des Fluges wie bei einem Haubenkoch schmecken würden, würde die Kombination von trockener Luft, niedrigem Druck und lautem Motorengeräusch die Fähigkeit zu riechen und zu schmeckenstark beeinflussen. Gastropsychologe Spence erklärt, dass die Catering-Firmen mit rund 30 Prozent mehr Zucker oder 30 Prozent mehr Salz kochen müssten, damit das Essen in der Luft genauso schmeckt wie nach der Zubereitung am Boden. Bereits im Jahr 2010 habe das Fraunhofer-Institut für Bauphysikherausgefunden, dass laute Geräusche im Flieger den Geschmack von süßen Speisen unterdrücken, während der Umami-Geschmack wie im Parmesan verstärkt wird. Was wiederum erklärt, warum Paradeisersaft auf Fliegern so beliebt ist.
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Wenn es um 14.40 Uhr Mittag ist.

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