Von Wasserspatzen, Röhrlsalat und Breinwurst

Kochbuch
Ein neues Kochbuch verewigt kulinarische Schätze und verrät, warum Omas Küche heute noch am besten schmeckt.

Es gibt Gerichte, deren Geschmack so tief in uns drinnen sitzt, dass schon der bloße Gedanke eine Zeitreise in die längst vergangene Zeiten auslöst. Und dann ist man plötzlich wieder in der Küche der Oma, sieht die alte Frau mit geübter Hand Nockerl formen, in Töpfen rühren oder Teig walken und man meint, das Essen richtiggehend zu riechen. Omas Stimme kommen einem in den Sinn und denkt plötzlich darüber nach, warum man so einfache Gerichte wie Großmutters bewährte Gemüsesuppe, ihre "Spatzen" oder "Schnürkrapfen" fast vergessen hat und nicht selbst öfter auf dem Speiseplan setzt.

Reicher Erfahrungsschatz wurde gesammelt

Solche Erinnerungen kommen unweigerlich auch auf, wenn man Eva Winkler-Hermaden auf ihren Küchen-Spuren folgt, die sie der Autorin Christine Metzger erzählt hat. Wenn sie dazu aus dem regionalen Brauchtum plaudert und woher manche Gerichte ihren Namen haben, erweitert das zusätzlich den Horizont.

Von Wasserspatzen, Röhrlsalat und Breinwurst
Oma
Ihre erste Torte hat die heute 86-Jährige mit acht Jahren gebacken und den Großteil ihres Lebens stand sie in der Küche von Schloss Kapfenstein, nachdem sie 1950 den Erben dieser Trutzburg in der südöstlichen Steiermark geheiratet hatte. Dass daraus ein weit über die Grenzen der Region bekanntes Restaurant wurde, daran hat sie großen Anteil. "Wir hatten damals keine komplizierten Rezepte. Da hat man seine Hausspezialitäten gekocht", erinnert sie sich im KURIER-Gespräch. "In einem alten Haus, noch dazu ein Schloss, muss man immer ein bisschen improvisieren."

Aus einfachen Zutaten etwas Besonderes kochen

Von Wasserspatzen, Röhrlsalat und Breinwurst
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Dabei sind ihre Spezialitäten, die nun im Kochbuch "Kochen mit Oma" verewigt wurden, keine Gourmetküche. Einfache Gerichte mit wenigen Zutaten, sind es, die da in 64 Rezepten gesammelt wurden. Im Schloss Kapfenstein zählten dazu etwa Wurstspezialitäten, die aus der damals noch üblichen, hauseigenen Schlachterei stammten. Für die Leber-, Blut- oder Breinwurst kamen die Gäste besonders gerne. Letztere ist übrigens eine regionale Besonderheit, bei der unter anderem Schweinsköpfe und -füße mit Buchweizen oder Hirse verkocht, dann in Bratwurstdämme gefüllt und gebrüht wird. Vor dem Genuss wird sie wie Bratwurst in heißem Fett herausgebraten. "Unser Credo war, die eigenen Produkte zu veredeln." Und: nicht nur die besten Stücke zu verarbeiten. "Mit einem Stück Karree kann jeder was anfangen." Die wahre Kunst sei, auch aus dem nicht so besonderen Fleisch etwas Besonderes zu machen.

Regional, saisonal

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Dass ganz selbstverständlich auch regional und saisonal gekocht wurde, beweist ein typisches Wurst-Gericht von Schloss Kapfenstein: Bratwurst mit Petersilerdäpfel und Kürbiskraut. Die Kürbisse sind schließlich typisch für die Region und bereichern traditionell den herbstlichen Speiseplan. Für das Kürbiskraut wird das Fleisch eines steirischen Ölkürbisses auf einer groben Reibe nudelig zerkleinert und mit Salz 30 Minuten stehen gelassen. Danach ausdrücken, Flüssigkeit auffangen - "die brauchen wir noch" - und mit einem angebratenen Zwiebel-Knoblauch-Paprika-Gemisch vermischen, das zuvor mit 125 ml Essig abgelöscht wurde. Ein wenig Kürbisflüssigkeit mit etwas Mehl versprudeln, über das Kraut gießen und ca. 10 Minuten weich köcheln lassen.

Aus Mangel wird Trend

Viele Rezepte von Eva Winkler-Hermaden erinnern auch an Zeiten der Mangelernährung - und diese Gerichte verloren an Bedeutung, als die Zeiten besser wurden und man sich leisten konnte, wieder üppiger zu kochen. Dazu gehören etwa "Wasserspatzen", die Eva Winkler-Hermaden traditionell nur aus Mehl, Salz und Wasser zubereitet - ganz ohne Ei. "Das ist ein einfaches Essen, das satt macht." Nur den Teig sollte man schon vormittags ansetzen, damit er genügend Zeit zum Quellen hat. Solche Speisen werden aber aus anderen Gründen wieder interessant: "Heute reduziert man Fett oder Eiweiß aus gesundheitlichen Gründen, oder weil man ganz ohne tierische Produkte leben will." Gesundheitsbewusste werden sich auch am "Röhrlsalat" gütlich tun. Denn so heißt in der Steiermark der Löwenzahnsalat. Der Name kommt von den röhrenförmigen Stengeln der Pflanze, die besonders im Frühling wegen ihrer entschlackenden Wirkung genutzt wird.

Keine Angst vor Patzern

Was Eva Winkler-Hermaden ihren Lesern auch noch mitgibt: Kein Meister ist vom Himmel gefallen, denn: "Alles braucht seine Zeit." Misslingt einmal ein Kochversuch, ist das auch kein Beinbruch. "Beim Kochen ist es so: Wenn man was verpatzt hat, weiß man gleich, was man falsch gemacht hat. Und das dafür gleich dauerhaft."

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Buchtipp:Christine Metzger, Kochen mit Oma, Servus Verlag, 24,95 €.

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