Die Bäcker haben einen neuen Shooting-Star

Georg Öfferl zeigt vor, wie es geht: Backmischungen hinaus, Geschmack hinein.
Georg Öfferl krempelte die Dorfbäckerei seiner Eltern radikal um – nun liefert er nach Wien.

Als der 25-Jährige den Gesellen sagte, dass ihr Striezel eine Katastrophe sei und die Bäckerei nur Klumpert produziert, gab es zuerst einmal Widerstand. Wenn er es besser könne – und vor allem mit einem Kneter aus den 50ern –, solle er es doch vorzeigen. "Die Eltern haben mir zwar freie Hand gelassen, aber den Respekt der Mitarbeiter musste ich mir erst erarbeiten."

Der Wirtschaftsingenieur aus Gaubitsch im Bezirk Mistelbach entschied sich erst im zweiten Bildungsweg für die Karriere als Bäcker: Vor 1,5 Jahren nahm er sich das Wirtschaftsbuch seiner Mutter zur Hand und erkannte, dass die Ausgaben für Backmischungen in Unverhältnismäßigkeit zu den Einnahmen standen. So richtig Klick machte es aber erst beim Besuch einer Bäcker-Messe in Wels: "Da habe ich gesehen, wie riesig die Branche der Backmischungen und industriellen Säuerungsmittel ist und mir wurde klar: Die machen Geld auf unsere Kosten. Als ich dann noch eine Semmel von meinem Idol Erwin Heftberger probiert habe, wusste ich, dass ich in unserer Bäckerei alles verändern muss."

Bio und Urgetreide

Die Bäcker haben einen neuen Shooting-Star
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Im Sommer 2015 warf Öfferl die Backmischungen aus der Backstube, suchte sich Bio-Lieferanten und entwickelte neue Rezepte. So entschied sich der Bäcker für Urgetreidesorten. "Wir geben zwar mehr für Rohstoffe aus, dafür haben wir jetzt mehr Einnahmen. Wir haben nur noch sechs Brotsorten im Sortiment, aber mehr würden mein Cousin, die zwei Gesellen und ich gar nicht schaffen."

Nicht nur die Backzutaten haben sich verändert: Das Team setzt zum Beispiel für das Dinkelbrot auf eine französische Technik beim Teigeinschlagen, damit dieser unter Spannung steht – erkennbar an einer "Knolle" auf der Laib-Oberseite.

Brotfamilie zum Anbeißen

Die Bäcker haben einen neuen Shooting-Star
Die neuen Preise sind untypisch für eine Dorfbäckerei: 5,50 Euro muss der Kunde für einen Laib "Madame Crousto" bezahlen, aber die Kunden kommen mittlerweile sogar aus der Bundeshauptstadt. Wiener kennen seine Kreationen von "Pöhl" am Wiener Kutschkermarkt, von "Anna" am Meidlinger Markt oder der Schinkenmanufaktur "Thum". Momentan lehnt der Jungunternehmer neue Aufträge ab, weil er Zeit zum Feinjustieren braucht.

Auch die Marketing-Maschinerie hat Öfferl angeworfen: Er verpasste der Bäckerei mit "Brotfinessen" einen neuen Namen, setzt auf eine neue Homepage und auf Facebook, und überlegt sich Geschichten für sein Brot. So nennt er sein Sortiment "eine Brotfamilie zum Anbeißen" – jede Brotsorte hat einen eigenen Namen wie "Rainer Roggen" oder "Madame Crousto" und damit einen eigenen Charakter. "So wissen die Kunden, was sie bekommen und was wir uns überlegt haben".

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