Avocado-Boom: Appetit der Österreicher wächst

Paul Ivic brät am liebsten Avocadostücke mit ein wenig Ölivenöl an.
Österreicher haben großen Appetit auf die grüne Frucht: Supermärkte berichten von Umsatzsteigerungen im zweistelligen Bereich.

Es ist das Jahrzehnt der Avocado – weltweit vergrößern sich die Anbauflächen für die grüne Beere und die Importzahlen schießen in zahlreichen Ländern in die Höhe. Der Appetit auf Avocados lässt sich auch hierzulande mit Zahlen untermauern, wie ein Rundruf des KURIER ergab: Laut Statistik Austria importierte Österreich zwischen Jänner und Juni 2016 fast 4 Millionen Kilogramm Avocados, im Vergleichszeitraum 2014 waren es noch 2,4 Millionen Kilogramm gewesen. Das mengenmäßig größte Hauptliefergebiet für Österreich ist derzeit Chile – fast ein Viertel unserer Avocados kommt aus dem südwestlichsten Land Südamerikas –, gefolgt von Peru, Spanien, Kenia und Südafrika.

Bei Spar liegt die mengenmäßige Umsatzsteigerung im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im zweistelligen Bereich. Alleine in den vergangenen fünf Jahren habe sich die Kauflust der Spar-Kunden vervierfacht. Eine ganz ähnliche Bilanz zieht Konkurrent Billa, hier konnte die abgesetzte Menge zwischen 2010 und 2015 um mehr als 100 Prozent gesteigert werden.

Ausquetschen wie eine Leberwurst

Avocado-Boom: Appetit der Österreicher wächst
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Anfang des Jahres ließ Marks&Spencer, eines der größten Kaufhäuser Großbritanniens, mit der Meldung aufhorchen, kernlose Mini-Versionen der Butterfrucht in den Verkauf zu bringen. Die sogenannten Avocaditos sind nur wenige Zentimeter groß und lassen sich dank der dünnen Schale wie eine Streichwurst ausdrücken. Hierzulande verkaufen die Handelsriesen Hofer, Spar und Billa ausschließlich die Sorte Hass, deren gelb-orangefarbenes Fruchtfleisch nussig und leicht süßlich schmeckt. Den Namen erhielt die "Königin der Avocados" übrigens vom US-Briefträger Rudolph Hass, der die Sorte in den 30ern durch Zufall in seinem Garten entdeckte. Im Gegensatz zu anderen Sorten handelt es sich hier um eine Mutation, nicht um eine Züchtung.
Avocado-Boom: Appetit der Österreicher wächst
A farmer harvests avocado at an orchard in Uruapan municipality, Michoacan State, Mexico on April 6, 2016. Since the oil sector was affected by the drop in the barrel orders, Mexico is experiencing a boom in its food and agriculture industry. / AFP PHOTO / ENRIQUE CASTRO
Der immergrüne Avocadobaum verdankt sein Überleben der Gefräßigkeit der Menschen, denn einst sorgten unter anderem südamerikanische Riesenfaultiere für dessen natürliche Verbreitung. Die mittlerweile ausgestorbenenen Tiere futterten die Samen der Beere (fälschlich wird die Avocado oft als Steinfrucht bezeichnet) und schieden sie in naher Umgebung wieder aus. Heute müssen Bauern für die landwirtschaftliche Verbreitung der Samen auf ihren Feldern sorgen.
Der Trend hat auch seine Schattenseite: Der weltweite Boom hat in Mexiko, dem weltgrößten Anbaugebiet, illegale Abholzungen von Wäldern zur Folge, wie derKURIER berichtete. Stark betroffen ist der Bundesstaat Michoacán, wo rund 40 Prozent aller Avocados weltweit angebaut und geerntet werden. Das mittelamerikanische Land belegt zwar Platz 6 bei Österreichs Import-Statistik für die grüne Frucht, allerdings gehört es nicht zu den Hauptlieferländern der großen heimischen Supermärkte.

Zaghaft bilden sich umweltschonende Gegenbewegungen: So versuchen Privatpersonen und kleine Landwirte vom spanischen Festland bzw. von den Kanaren aus, ihre Ernten über Online-Shops direkt an den Konsumenten zu bringen. Der Haken? Es müssen für Einzelpersonen relativ große Mengen bestellt werden, und bekanntlich sollten frische Avocados rasch verzehrt werden.

Siegeszug dank Superfood-Hype

Avocado-Boom: Appetit der Österreicher wächst
Drei-Haubenkoch Paul Ivic, Küchenchef im vegetarischen Restaurant Tian, begründet den Appetit auf Avocados mit den außergewöhnlichen Aromen und der vielfältigen Einsatzfähigkeit der Frucht: "Fruchtig-frisch, nussig-süß: Der Geschmack hängt stark von der Sorte und dem Reifungsgrad ab. Den Boom erkläre ich mir mit dem Hype um Superfoods: Früher hatte die Avocado wegen ihres Cholesterin-Gehalts einen schlechten Ruf, heute weiß man, dass sie einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren aufweist, die der Mensch braucht."
Avocado-Boom: Appetit der Österreicher wächst
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Ein weiterer Grund könnte die zunehmend größer werden Gruppe der Veganer sein, denn der mollig-cremige Geschmack des Fruchtfleisches eignet sich als Ei-Ersatz. Ivic: "Ich verwende Avocados gerne im Schokomousse, hier verleihen sie dem Dessert ein schönes, dichtes Volumen." In südamerikanischen und asiatischen Ländern gehören Shakes oder Eiscremen aus der grünen Frucht zum kulinarischen Alltag: In Brasilien ist die Avocado-Milch "vitamina de abacate" bei Straßenhändlern erhältlich.

Bekannt ist, dass ein Spritzer Zitronensaft das Verfärben des Fruchtfleisches verhindert. Eher unbekannt ist, dass Avocados eingefroren werden können, um die Verderblichkeit hinauszuzögern. Dafür muss die Beere zuerst geschält und entkernt werden. Am besten die Frucht in kleine Stücke schneiden, mit ein paar Spritzer Zitronensaft in ein Frischhaltesackerl füllen und bis zu zwei Monate im Tiefkühlfach lagern.

Die Top 3-Lieblings-Rezepte des Tian-Küchenchefs:

  • Avocado in Olivenöl kurz anbraten. Mit Salz und Pfeffer leicht würzen.
  • Als süß-säuerlichen Brotaufstrich mit einer halben Passionsfrucht vermischen, mit einer Prise Salz und Pfeffer abeschmecken.
  • Als ganze Frucht auf den Grill legen: nicht schälen, Kern herausgeben, nach Belieben füllen (das Fruchtfleisch nimmt die Aromen der Füllung auf), in Alufolie einwickeln und für zehn Minuten auf heißen Kohlen grillen.

    Weitere Rezepte für Avocados finden Sie hier.

Gleich zu Beginn eine kleine Anekdote zum Namen der Avocado. Weil die Azteken der Frucht eine aphrodisierende Wirkung nachsagten und ihre Form an ein männliches Geschlechtsteil erinnert, gaben sie ihr den Namen "ahuacatl". Übersetzt bedeutet das Hoden. Auch die Guacamole geht auf das aztekische Wort "ahuacamolli" zurück – Hodensuppe. Wer gerne Hodensuppe zubereitet, kennt das Problem: Kaum hat man die Frucht angeschnitten, beginnt sie sich zu verfärben. Hinter dieser frustrierenden Tatsache steht ein chemischer Prozess.

Was passiert genau? Unter der Einwirkung von Sauerstoff und eines Enzyms werden Phenole in der Frucht zu Chinonen oxidiert. Diese starten den Prozess der Polymerisation: Das Fruchfleisch verfärbt sich braun. Das passiert aber nur, wenn die Schale der Frucht beschädigt ist. Die Bräunung entsteht also, weil einerseits die Zellstruktur der Frucht beschädigt ist und andererseits, weil Phenole mit Sauerstoff reagieren.

Für Früchte wie Avocados und Äpfel dient die Braunfärbung ihrer Erhaltung. Da Chinone für Bakterien giftig sind, kann die Frucht nach der Einwirkung von Sauerstoff die Zeit, bis sie verfault, ein bisschen verlängern.

So verzögern Sie die Braunfärbung

  • mit Frischhaltefolie abdecken
  • mit Zitronensfat beträufeln
  • im Kühlschrank aufbewahren
  • den Kern in die Avocadocreme stecken

Buchtipp: "Warum riecht der Fisch nach Fisch", Andy Brunning, Theiss Verlag


Acht Guacamole-Rezepte

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