Zukunftsserie: Auf Autopilot

Zukunftsserie: Auf Autopilot
Eine atemberaubende Ära der Mobilität hat bereits begonnen. Seit Kurzem dürfen in Kalifornien selbstfahrende Autos auf öffentlichen Straßen unterwegs sein. Michael Horowitz über die Mobilität von morgen. Und das Auto der Zukunft – den perfekten Chauffeur.

Im Film ist alles so einfach. Die Autos fahren von selbst. Wie im Thriller „Minority Report“. Als gehetzter Polizist ist der Hauptdarsteller Tom Cruise in einem Magnetschwebe-Fahrzeug, das wie ein Hybrid aus einem Delfin und einer Zigarre aussieht, unterwegs. Das Auto kann sich um die eigene Achse drehen, im rechten Winkel in die Tiefe stürzen, an Wolkenkratzern emporschießen und auch im dichtesten Verkehr automatisch ausweichen. Tom Cruise hat permanent die Hände frei und kann cool wie immer bleiben. Für seinen Science-Fiction-Film arbeitete Regisseur Steven Spielberg 2002 mit Forschern zusammen, ließ Requisiten entwickeln, die für die Zukunft der Informationstechnik, im Städtebau und bei selbstfahrenden Autos als visionäre Techniktrends dienten. Mächtige Konzerne finanzierten durch Product-Placement den aufwendigen Thriller, allein der Toyota-Tochter Lexus war es fünf Millionen Dollar wert, in „Minority Report“ und seinem spektakulären Film-Verkehrssystem der Zukunft präsent zu sein. Auch David Hasselhoffs computergesteuerter, sprechender Freund in Knight Rider, ein hoch technisierter Pontiac Firebird Trans Am, fährt von selbst. K.I.T.T. – ein futuristisches Wunderauto, das mehr als 480 km/h schnell ist, der Scanner an der Front sieht um die Ecke, sein „Micro Jam“ bremst andere Autos, steuert Hubschrauber oder lenkt Kräne. Und äußerst angenehm: K.I.T.T. hat einen eingebauten Geldautomaten. Auch das Batmobil fuhr schon in den späten 1980er-Jahren selbstständig. Und unternahm allein schwierige Missionen für seinen Besitzer Batman (Michael Keaton), der inzwischen Zeit hatte, um Kim Basinger zu verführen. Filmische Visionen, oft milde belächelt, werden bald Realität. Vor Kurzem ist eine atemberaubende Ära des Autos angebrochen: Ein neues automobiles Zeitalter beginnt.

Seit 16. September 2014 dürfen in Kalifornien selbstfahrende Autos unterwegs sein. Im Mai dieses Jahres wurde noch schnell mittels UN-Beschluss eine Hürde aus Österreich beseitigt: Das „Wiener Weltabkommen über den Straßenverkehr von 1968“, wonach jedes Fahrzeug und miteinander verbundene Fahrzeuge, wenn sie in Bewegung sind, einen Führer haben müssen, wurde abgeändert. Autonomes Fahren ist jetzt möglich, wenn es jederzeit vom Fahrer gestoppt werden kann. Wie Geisterfahrer sind jetzt die amerikanischen Google Self-Driving Cars öffentlich unterwegs.

Zukunftsserie: Auf Autopilot

Fantasie und Realität: „K.I.T.T.“, das Auto mit Charakter, war der wahre Star der Serie „Knight-Rider“ – und fuhr auch ohne David Hasselhoff.

Die selbstfahrenden Autos haben auf Testgeländen bereits mehr als eine Million Kilometer zurückgelegt – an der Beseitigung von Problemen wie Schlaglöchern und Papierfetzen wird weiterhin fieberhaft gearbeitet – seit knapp drei Wochen sind die Google-Geisterautos auch auf Straßen unterwegs. In ganz Kalifornien. Und ab kommendem Jänner dürfen in den USA selbstfahrende Autos auch verkauft werden. Was man mit so einem Monster von morgen dann heute macht, ist allerdings fraglich. Von der verwegenen Idee der Google-Nerds ist es jedenfalls zur Vision für die Mobilität von morgen nicht mehr weit. Nicht nur der Internet-Gigant, auch Autokonzerne arbeiten weltweit daran, ihre automatischen Fahrzeuge auf die Straße zu bringen – mit Vollgas rast die PS-Industrie in die neue, mobile Zeit. Selbstfahrende Autos meiden Alkohol und Stress, sind nicht übermüdet, haben nie Streit im Büro oder mit dem Partner. Mehr als eine Million Autofahrer sterben jährlich weltweit, weil sie mit dem Beifahrer diskutieren, das Navi bedienen, nach dem Handy, einer Zigarette oder CD suchen. Die selbstfahrenden Kollegen hingegen sind ständig konzentriert und haben durch Kameras, Radar und Laserscanner immer alles unter Kontrolle. Wie sich diese Geisterfahrer in prekären Situationen verhalten, ist noch ungeklärt. Was passiert bei Glatteis, Schnee und starkem Regen? (Testfahrten unter diesen Bedingungen haben die Google-Techniker bis jetzt noch nicht gewagt). Wird ein Zufallsgenerator darüber entscheiden, ob die Roboter-Autos bei einem plötzlichen Ausweichmanöver in Richtung Leitplanke oder Motorrad ausweichen? Trotz aller – auch juristischer – Hürden wird die mobile Utopie, rasanter als noch vor ein paar Jahren erwartet, zur Realität werden. Die Vision für die Fortbewegung der Zukunft ist vorprogrammiert. Fahrerlose Fahrzeuge, die digital vernetzt sind, werden eigene Autos überflüssig machen. Wir werden von Geisterfahrern bedient. Das Auto ist dann unser perfekter Chauffeur.

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