
Aufbruch am Semmering: Wie es mit den legendären Hotels weitergeht
Am Semmering weht ein Wind des Aufbruchs durch die alten Mauern. Das Südbahnhotel und das ehemalige Kurhaus haben im Sommer wichtige Hürden genommen.
Die Nebelschwaden krochen wie im Zauberwald vom Tal herauf, während Puck auf dem Balkon des Südbahnhotels seine Streiche spielte, die Handwerksburschen Faxen machten und sich das ätherische Elfenpaar Oberon und Titania böse Blicke zuwarf.
Die Vorstellungen der Festspiele Reichenau waren binnen Stunden ausverkauft, und das Publikum ließ sich nicht nur vom Stück, sondern auch vom Ort verzaubern. Manche wirkten geradezu wunderlich vor Staunen. Der Semmering zieht – jeden Sommer aufs Neue Menschen in seinen Bann. Auch im benachbarten, altehrwürdigen Panhans drängten sich beim Kultursommer die Besucher.
Wo übernachten am Semmering?
Wer länger bleiben wollte, hatte das Nachsehen. Hotelzimmer sind rar. Nachher dort oben etwas essen, trinken oder gar schlafen? Fehlanzeige.
Und doch: Dieser Sommer hat Hoffnung gemacht. Die großen Häuser wirken nicht nur als Kulisse nostalgischer Sehnsucht, sondern wieder als Teil einer möglichen Zukunft. Nach Jahren des Stillstands weht am Semmering wieder so etwas wie Aufbruchsstimmung durch die Mauern. In mehreren rechtlichen Fragen erhielten das Südbahnhotel und das ehemalige Kurhaus Rückenwind. Der Weg zur Revitalisierung scheint ein Stück freier.
„Wir sind mit großen internationalen Hotelbetreibern aus dem Luxussegment im intensiven Kontakt. Mit einem sind wir schon
in einem fortgeschrittenen Stadium.“
Der Gemeinderat machte den ersten Schritt und widmete das Areal rund um das Südbahnhotel in Bauland um. Hier hat der Besitzer Christian Zeller eine klare Vision für den Koloss mit Türmen, Balkonen und Sälen: Aus dem traditionsreichen Haus soll wieder das beste Grand Hotel Mitteleuropas entstehen.
„Mit dieser Großzügigkeit und in der absolut gehobenen Luxusklasse“, betont er. Der imposante Indoor-Pool soll um einen Schwimmbereich im Freien erweitert werden, die Bar wächst mit. Und zum prunkvollen Speisesaal, dessen Stuck und mächtige Luster das Licht fangen, wird natürlich gehobene Küche serviert.
Das ganze Jahr über. „Wir sind mit großen internationalen Hotelbetreibern aus dem Luxussegment im intensiven Kontakt“, sagt Zeller. „Mit einem sind wir schon in einem fortgeschrittenen Stadium.“
Südbahnhotel soll so wichtig werden wie der Eiffelturm
Und dann soll das Haus wieder werden, was es einst war: ein weithin bekanntes Hotel, in dem sich Geistesgrößen wie Sigmund Freud oder Gustav Mahler die Klinke in die Hand gaben. „Es soll sich neben dem Eiffelturm auf der Liste der 100 Dinge befinden, die man im Leben besucht haben muss“, sagt Zeller. Im Vorjahr legte er eine Konzeptstudie des renommierten Architekturbüros BWM vor, das bereits das verfallene Straubinger und Badeschloss in Bad Gastein sanft ins Heute überführt hat. Am Semmering sind demnach Zubauten notwendig.

Konzept fürs Südbahnhotel: die Zubauten sollen sich möglichst dezent in die Umgebung einfügen.
©Bmw designers & architectsNachdem die Adria in Mode war und der Semmering aus der Reisekarte verschwand, begann der Niedergang des Südbahnhotels. Um das Haus halbwegs zu retten, wurden im ältesten Trakt Wohnungen eingerichtet. Damit sich der Betrieb eines wiedererwachten Luxus-Hotels jedoch rechnet, braucht es neue Zimmer: Zu den bestehenden 100 sollen 50 weitere kommen.
„In der Landschaft ist das neue Gebäude kaum wahrnehmbar“, sagt Zeller. „Wir gliedern es wirklich gut ein und ordnen es so unter, dass das, was wir jetzt neu errichten, nicht in Konkurrenz steht zu dem, was an Großartigkeit bereits vorhanden ist.“
Eröffnung mit dem Semmering-Tunnel
Auch wenn die Umwidmung beschlossen ist, steht die eigentliche Hürde noch bevor. „Jetzt kommt der schwierige Teil: die Baugenehmigung – also die Einreichplanung – unter Beachtung sämtlicher Schutzbestimmungen: Denkmalschutz, Weltkulturerbe, Naturschutz“, sagt Zeller. Er verspricht ein transparentes Verfahren, das Bevölkerung und alle Betroffenen einbindet. Der Zeitplan ist ehrgeizig: Bereits 2027 sollen die ersten Sanierungsarbeiten beginnen, die erhoffte Eröffnung ist für 2030 angesetzt – just zu jenem Zeitpunkt, an dem auch der Semmering-Basistunnel fertiggestellt sein soll und die lauten Güterzüge unten durchrauschen. Kultur soll hier weiter stattfinden.

Der Speisesaal des Südbahnhotels. Womöglich wird dort ab dem Jahr 2030 in einem Spitzenlokal Gourmetküche serviert.
©Ian EhmZeller rechnet mit Kosten von rund 120 Millionen Euro. 60 Millionen sollen über Anleihen hereinkommen, die die Südbahnhotel GmbH im März herausgegeben hat – die Mindestzeichnung liegt bei 100.000 Euro. Zuletzt berichtete ein Medium, dass die Anleihe noch nicht gehandelt worden sei. Zeller erklärt: „Wir sind sehr intensiv in Gesprächen mit großen börsennotierten Unternehmen, die aus unterschiedlichen Gründen Interesse zeigen und bereit sind, größere Zeichnungen vorzunehmen. Ich gehe auch davon aus, dass die Anleihe nicht gehandelt, sondern zunächst gehalten wird – was ja letztlich auch ihrem Sinn entspricht.“ Aber ja, Teile seien schon abgegeben worden. Wie viel – und von wem –, das verrät Zeller nicht.
Aus dem Kurhaus wird das Grand Semmering
Ein Stück weiter, im ehemaligen Kurhaus, fehlen die Fenster, auf dem Dach prangt ein Gerüst. Der Grazer Hotelier Florian Weitzer will es zum „Grand Semmering“ umbauen. Lange tobte darüber ein Rechtsstreit.
Die Naturschutzorganisation „Alliance for Nature“ hatte eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert. Das Bundesverwaltungsgericht befand kürzlich: Nicht nötig.
Weitzer darf jetzt bauen. „Die Firmen wurden beauftragt, das alte Haus auf null zu setzen. Es wird ausgeräumt und entkernt“, erklärte er kürzlich dem KURIER. Wegen der Feuchtigkeit und des Zustands der alten Substanz rechnet der Hotelier allerdings damit, dass der eigentliche Umbau frühestens in ein bis zwei Jahren beginnen kann. Zu mehr ließ sich Weitzer – er betreibt unter anderem in Wien das Hotel Daniel und das Grand Ferdinand am Ring inklusive des Schnitzelpalastes Meissl & Schadn – nicht hinreißen. Er wolle sich erst später zu Konkretem äußern.
Doch laut Einreichung sollen 95 Zimmer im Stammhaus, ein Zubau mit 55 weiteren, dazu ein neues Palmenhaus als Wellness-Oase kommen. Platz soll für rund 350 Betten sein – wenn alles fertig ist.

Das Kurhaus neu gedacht: Visualisierung des Projekts „Grand Semmering“ des Grazer Hoteliers Florian Weitzer.
©Florian Weitzer Holding GmbHZuschlag für den AbschlagLaut Zeller stehen er und Weitzer immer wieder im Austausch. „Wir haben auch versucht, Gemeinsamkeiten bei einem Teil zu finden, der zwischen den beiden Hotels liegt – dem Golfplatz. Das ist uns aber leider nicht gelungen.“
Als der Golfplatz versteigert wurde
Österreichs älteste Anlage gehörte bis zum Winter drei Parteien: Ein Teil der Flächen lag bei einer Unternehmerfamilie, den Rest teilen sich Weitzer und Zeller. Die Unternehmerfamilie wollte ihre Anteile verkaufen. Da Weitzer und Zeller keine Einigung über eine gemeinsame Entwicklung fanden, wurde der Golfplatz öffentlich versteigert – Zeller schnappte ihn sich für fünf Millionen Euro.
Für ein gemeinsames Konzept stehe die Tür natürlich immer offen, sagt der Investor. „Zurzeit zeichnet sich das aber nicht ab.“
Die Zimmer über Plattformen wie Airbnb nehmen zu, die Hotelzimmer nicht. Das Verhältnis zwischen Zimmerzahlen und Gastronomie stimmt nicht mehr zusammen
Es herrscht ein Griss um den Semmering. Sommerfrische in den Bergen ist in Zeiten des Klimawandels wieder en vogue. Bürgermeister Hermann Doppelreiter blickt mit Freude auf die Entwicklung der Hotels, denn die derzeitige Lage sei unbefriedigend. „Die Zimmer über Plattformen wie Airbnb nehmen zu, die Hotelzimmer nicht. Das Verhältnis zwischen Zimmerzahlen und Gastronomie stimmt nicht mehr zusammen. Gerade wo es die Gastronomie schwer hat, Menschen zu finden. Wenn jedes Haus ein, zwei Lokale hat, ist geholfen.“
Was ist mit dem Hotel Panhans?
Nur bei einer weiteren Ikone des Semmerings herrscht Stillstand: dem Panhans, das einer ukrainischen Investment-Gruppe gehört. Seit 2017 geschlossen, steht das Traditionshotel da, generalsaniert in den späten Siebzigern, aber ohne neues Hotelleben.
Bürgermeister Doppelreiter seufzt: „Wir wären froh, wenn es in die Gänge käme. Der Zustand ist besser als bei den anderen Häusern, dazu liegt es am nächsten zur Passstraße.“ Immerhin: Der Gesprächsstoff rund ums Thema Semmering und Hotel geht noch nicht aus.
Eine Begegnungszone auf der Hochstraße
Doch am Ende könnte es am Semmering ein bisschen ruhiger werden. Teile der Hochstraße könnten zur Begegnungszone werden, Shuttle-Busse sollen Besucher von A nach B bringen, ganz ohne Auto-Stress. Ein Kulturshuttle pendelt schon jetzt zwischen Bahnhof, Parkplätzen und den Spielorten der Festspiele. Doppelreiter: „Es gibt verschiedenen Ideen, wir sind aber erst in der Nachdenkphase.“
Schauplatz Südbahnhotel
Das Südbahnhotel ist ein beliebter Schauplatz für Theaterstücke und Film- und Fotoshootings – oft auch unter Geheimhaltung. Gucci drehte hier vor acht Jahren (neben dem Kurhaus) bereits eine große Herbst-/Winterkampagne mit dem österreichischen Model Stella Lucia, auch Kommissar Rex nutzte die Kulisse. Nur Paulus Mankers Alma wird nach einem Rechtsstreit nicht mehr im Hotel gezeigt.
Im September erscheint zudem der Krimi Dunkelnah von Roman Klementovic. Darin steht ein stillgelegtes Kurhotel im Mittelpunkt, das unübersehbar an das Südbahnhotel erinnert. Simon soll dem einstigen Luxustempel zur baldigen Wiedereröffnung verhelfen. Doch das Gebäude entpuppt sich als Bruchbude und die sonderbaren Besitzer scheinen etwas zu verbergen. Als Simon von dem mysteriösen Verschwinden einer jungen Frau erfährt, regt sich in ihm ein schlimmer Verdacht: Hat jemand aus der Hoteliersfamilie etwas damit zu tun?
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