„Für die Academy ist das Beste, was am meisten auffällt“, schrieb Kritiker-Legende Roger Ebert einmal. Und hat Recht: unübersehbar brillant soll es sein, von der Kamera über das Produktionsdesign bis zu den Kostümen. Filme wie „The King’s Speech“, „Titanic“ oder „Der letzte Kaiser“ stehen aufwendig opulent dafür Pate. Subtile menschliche Beziehungskonflikte? Fehlanzeige. Komödien? Bloß nicht. Gefragt ist das große Drama. Beliebt sind zudem Filme, die die US-Geschichte thematisieren (wie heuer „Judas and the Black Messiah“ über die Black Panthers oder der Politaktivisten-Prozessfilm „The Trial of the Chicago 7“) oder jene Hollywoods (dieses Jahr: „Mank“) bespiegeln.
Diese Vorlieben bedingen denn auch, wer sich einen Erfolg in den Schauspieler-Kategorien ausrechnen kann. Spiel am besten eine Person, die tatsächlich einmal gelebt hat: In den vergangenen zehn Jahren gewann sieben Mal, wer dieses Gesetz befolgt hat, 83 Mal insgesamt seit der Gründung der Academy. Gary Oldman als Churchill in „Die dunkelste Stunde“ siegte so ebenso wie etwa Ben Kingsley als „Gandhi“. Bei den Frauen stimmte das Gebot zuletzt für Renée Zellweger als „Judy“ Garland, aber auch Preise für Meryl Streep als Margaret Thatcher oder Marion Cotillard als Édith Piaf beweisen die Liebe der Oscar-Juroren zur Historie.
Das zeigen auch heuer zwei wichtige Nominierungen: Favorit Chadwick Boseman spielt in „Ma Rainey’s Black Bottom“ zwar einen fiktionalen Charakter, jedoch eingebettet in reale Ereignisse über die „Mutter des Blues“. Dargestellt wird diese von der hochgelobten Viola Davis.
Schinde dich!
Ebenso gilt: Schmerz und physische Transformation werden belohnt. Charlize Theron nahm als Serienkillerin in „Monster“ 14 Kilo zu, Robert De Niro für „Wie ein wilder Stier“ gar 30; Matthew McConaughey kasteite seinen Körper und nahm für „The Dallas Buyer Club“ 23 Kilo ab: sich aufzuopfern für die Kunst in einer Industrie, die von Schönheit besessen ist – das fasziniert Hollywood.
Das trifft auch auf Filmcharaktere mit Handicaps zu. Daniel Day-Lewis porträtierte etwa in „Mein linker Fuß“ den aufgrund einer schweren Krankheit gelähmten Autor Christy Brown. Dustin Hoffman berührte als Autist in „Rain Man“. Auch Porträts Alkoholkranker wie von Nicolas Cage in „Leaving Las Vegas“ oder Cate Blanchett in „Blue Jasmine“ werden zuverlässig bejubelt.
Ein Trick, um einen Oscar zu gewinnen ist auch, als eigentlicher Hauptdarsteller in der Kategorie Nebendarsteller anzutreten – wie Mahershala Ali in „Green Book“. Eine Kategorie, in der dankenswerterweise nicht nur Helden, sondern auch Schurken ausgezeichnet werden – wie Christoph Waltz in „Django Unchained“. Doch der beste Tipp, einen Oscar zu bekommen, ist wahrscheinlich jener: Seien Sie Meryl Streep. Die gewinnt (so gut wie) immer ...
DIE FAVORITEN 2021
In der Königskategorie „Bester Film“ gilt „Nomadland“ als sicherer Tipp. Chloé Zhao könnte dafür auch den Regie-Oscar gewinnen. Als Bester Hauptdarsteller wird wohl Chadwick Boseman („Ma Rainey’s Black Bottom“) siegen – postum, er starb 2020 an Krebs. Als Beste Hauptdarstellerin (im selben Film) gilt Viola Davis als Favoritin. Als Beste Nebendarsteller werden Daniel Kaluuya (in „Judas and the Black Messiah“, Hauptkonkurrent: Sacha Baron Cohen) und Yoon Yeo-jeong („Minari“) gehandelt. Top-Chancen Bester internationaler Film: Dänemarks „Der Rausch“.
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