Unlängst fragt mich eine Freundin leicht vorwurfsvoll: „Kennst du das? Solange ich auf deinen Rückruf gewartet habe, wollte das Telefon partout nicht klingeln. Aber ausgerechnet, wenn ich in die Dusche steige, rufst du an." Oder meine Mutter noch vorwurfsvoller: "Ich sitze stundenlang am Tisch, kein Anruf von Dir. Aber wehe ich gehe aus dem Zimmer! Dann klingelt das Telefon."
Die gute Nachricht: Die Wahrnehmung, dass das Telefon scheinbar nie klingelt, wenn man darauf wartet (oder eben dann läutet, wenn man nicht wartet), ist rein subjektiv. Die schlechte Nachricht: Leider ist es auch subjektiv, dass ein Mensch ausgerechnet in dem Moment anruft, in dem wir an ihn denken.
"Gedankenübertragung ist Humbug"
"Gedankenübertragung ist Humbug", behauptet der Psychologie David Hand in seinem Buch "Die Macht des Unwahrscheinlichen". Und wenn Hand das sagt, hat das Ganze sicher auch Fuß. Die These, die seine Behauptung untermauert, klingt zumindest danach. Man brauche, so Hand, nur an die unzähligen Situationen zu denken, in denen uns jemand anruft, obwohl wir nicht an ihn denken. Der Umkehrschluss der sich daraus für unser Problem ergibt: Es gibt Anrufe, die man erwartet und die nicht erfolgen ebenso, wie Anrufe, die man nicht erwartet und die erfolgen – manchmal sogar im richtigen Moment. Oder haben Sie noch nie am Telefon "Gut, dass du anrufst!" gesagt? Eben.
Entschuldigen Sie mich bitte, ich muss aufhören. Das Telefon klingelt. Auf den Anruf habe ich übrigens nicht gewartet.
Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.
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