Er geht zu einem anderen Stock, hebt den Deckel, pumpt etwas Rauch hinein. Siehe da, die Bewohnerinnen sind friedlich. Die Bienen erlauben, die Waben herauszunehmen – wenn man nur die Ruhe behält (ein paar Meter weiter hat irgendetwas am Fotografen Jeff Mangione so irritiert, dass ihn ein Insekt ins Kinn gestochen hat). Und in den Waben sei etwas besonders Tolles, meint Prem. „In Schönbrunn gibt es plenty full of Nahrung. Es gibt tropische Pflanzen, es gibt Orangen. Das macht den Honig hier auch so speziell.“
Bienen sammeln, wenn es sich lohnt, in einem Radius von drei Kilometern. „Da müssten sie aber blöd sein, wenn sie über Schönbrunn hinaus fliegen würden“, sagt er und beobachtet, wie die Bienen mit Pollenhöschen an den Hinterbeinen von ihren Ausflügen im Schlosspark zurückkehren.
Aber auch wenn sie das täten, draußen gibt es auch genug Nahrung. Zwar weniger luxuriös als im imperialen Rahmen, aber trotzdem „plenty full“, um bei den Worten Prems zu bleiben. „Es gibt in Wien viele blühende Bäume. Das Nahrungsangebot in der Stadt ist toll.“ Auch sonst seien die Insekten hier besser aufgehoben als auf dem Land: „Als ich das zum ersten Mal gehört habe, dachte ich mir, so ein Blödsinn.“
Aber tatsächlich: „ Es ist um eineinhalb Grad wärmer. Sie fliegen früher aus und können auch länger fliegen.“ Und dann werden dort kaum Pestizide gespritzt, die den Insekten ziemlich zusetzen. Tödlich sind vor allem die „Neonicotinoide“, über deren Einsatz in den vergangenen Jahren debattiert wurde (der Einsatz ist nun im Freien grundsätzlich verboten, teilweise aber über Notzulassungen erlaubt).
Kurse ausgebucht
Gerade der Einsatz der österreichischen Agrarpolitik für das Gift habe das Interesse an den bedrohten Bienen angeheizt. „Ein Aufschrei folgte. Es hat ein Run auf unsere Imkerschulen eingesetzt, der anhält. Kurse mussten schon Monate im Voraus gebucht werden“, sagt Prem.
Viele wollen etwas für die Umwelt tun. Wie kein anderes Insekt steht die Biene für ein funktionierendes Ökosystem – oder für die Bedrohung. „Wenn Sie auf der Autobahn fahren, schauen Sie aus dem Fenster. Was sehen Sie da?“ stellt er die Frage. Und er liefert die drastische Antwort gleich mit. „Auf den ersten Blick saftige Wiesen.“ Er erhebt die Stimme, wird beinahe wütend: „Aber sehen Sie nochmal hin: Die Bienen verhungern. Es gibt immer weniger Blühpflanzen.“ Und wo keine Biene, da viel weniger bestäubte Blüten.
Was wohl noch zum verstärkten Interesse an den fleißigen Insekten beitrug: In den Nullerjahren tauchten Bilder aus New York von Stadtimkern mit ihren Stöcken auf Dächern auf, die ihr Übriges dazu taten. Denn was aus New York kommt, ist in. Das Frankfurter Allgemeine Quarterly fragte kürzlich sogar. „Ist Imkern das neue Yoga?“
Honig vom Dach
Einer, der wohl nicht ganz unbeteiligt am Boom in Wien ist, ist Matthias Kopetzky. Er sucht einerseits als Wirtschaftsforensiker nach kriminellen Machenschaften, andererseits betreibt er erfolgreich die Stadtimkerei „Wiener Bezirkshonig“ (wiener-bezirksimkerei.at). Aus jedem der 23 Bezirke gibt es einen biologischen Nektar, der stets ein bisschen anders schmeckt. Vier Tonnen gibt es davon pro Jahr. Die Stöcke stehen etwa im Park des Palais Liechtenstein oder am Dach der Technischen Universität. Generell sei die Hauptstadt ein gutes Pflaster für Bienenzüchter. „Die Stadtimkerei ist ja aus dem anglo-amerikanischen Raum gekommen. In New York gibt es 400 Bienenvölker. Im Vergleich dazu gibt es in Wien geschätzte 7.000.“ Und rund 700 Stadtimker.
Das Imkern ist angesagt. Die Bienenzüchter werden jünger. „Wir bilden mittlerweile die dritte Lehrlingsgeneration aus“, sagt Kopetzky. Und weiblicher. „Das waren lange Zeit Alt-Herren-Vereine.“ Die Mehrheit (drei von vier) bei „Wiener Bezirkshonig“ ist derzeit weiblich.
Wovor Kopetzky und Prem warnen: Sich vor lauter Bienenbegeisterung und Wunsch, die Insekten zu retten, einfach so einen Stock zuzulegen. „Da kann man schon sehr viel falsch machen und den ganzen Stock umbringen“, sagt Prem. Immerhin besteht ein Volk aus rund 50.000 Bienen. Wichtig seien Kurse. Und noch viel besser sei es, danach auf das Wissen von Mentoren zurückzugreifen (am besten bei lokalen Vereinen informieren). Wer das kann, bekommt guten Honig.
Prem schwört übrigens nur auf den „Leckerbissen“ Wabenhonig. Der sei unverfälscht, bei östlichen Kulturen und der Spitzengastronomie beliebt. Wer mehr erfahren und den Honig kaufen will, sollte Prem bei einer Führung besuchen (Anmeldung unter ep@honig.cc). Zum Erzählen hat er genug.
Jetzt gönnt er sich eine kurze Pause und eine Zigarette. Die Bienen summen herum. Und dem Fotografen geht es nach einer Behandlung mit Prems Tinktur auch wieder gut.
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