Danke

Mein Freund der Kolumnist, sagt: "1770 Zeichen ist ein schweres Format." Und er hat Recht. Ein Abschied.

Mein Freund, der Kolumnist, ist ungefähr der höflichste Mensch, den ich kenne. Man möchte meinen, dass die Höflichkeit im Zuge der Verwienerung der Welt flächendeckend durch Scheißfreundlichkeit ersetzt worden wäre, aber nein, es gibt noch ein paar Exemplare, die einem nicht deshalb nicht mit dem Hinterteil ins Gesicht springen, weil sie dazu zu feig sind, sondern aus einem prinzipiellen, tief empfundenen Respekt vor dem Gegenüber, ohne Ansehung von Stand, Bildung oder Operiertheit. So einer ist mein Freund, der Kolumnist. Und ernsthaft ist er. Seine Texte sind die Frucht der Bibliothek und der menschlichen Arbeit, er schreibt dicke Bücher, verfügt über Disziplin, Ausdauer und ein Telefonbuch, um das man ihn beneiden möchte. Negative Urteile interessieren ihn nicht, weil er sie für Zeitverschwendung hält. Man muss, sagt er, seine Zeit für die guten Sachen reservieren, so viel haben wir davon ja nicht, weder Zeit noch gute Sachen. Wenn er wüsste, dass ich das hier während einer Taxifahrt im Morgengrauen in mein Mobiltelefon tippe, würde er nicht meine verdammte Neigung zum Schreiben im letzten Moment verfluchen, sondern milde lächeln und möglicherweise sogar meine Flexibilität loben. Als wir kürzlich über das Kolumnenschreiben im Allgemeinen und mein freizeit-Kolumnenschreiben im Besonderen sprachen, da sagte er in seiner unnachahmlichen Art: „1.770 Zeichen ist ein schweres Format“. Ich glaube zu wissen, was er damit sagen wollte, aber ich konnte nicht anders, als das, was ich hörte, simultan in meine Sprache zu übersetzen, und also hörte ich: „Hör auf, du kriegst das nie mehr hin.“ Nachdem er wirklich weiß, wovon er spricht, habe ich mich entschlossen, auf das zu hören, was er nicht gesagt hat. Ich danke Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für eineinhalb Jahre Geduld.

michael.fleischhacker@kurier.at

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