Die Kunsthorde und ich

Auf dem Weg zu einer Philosophie der Menschenflucht.

Als ich neulich abends durch das Kunsthistorische Museum schlenderte, da dachte ich bei mir: Die Welt wär“ so schön, wenn die Leut“ nicht wären. Mir wurde klar, dass ich an der Kunst fast alles mag außer dem Publikum. Eine paradoxe Angelegenheit, denn eigentlich möchte man meinen, dass man zu Menschen, die gern die gleichen Sachen hören und sehen wie man selbst, einen besseren Draht haben sollte als zu solchen, die beim Songcontest voten. Und natürlich handelt es sich außerdem, wie die Herrschaft, deren Garten ich betreue, zurecht anmerkt, um einen geradezu schmerzhaft arroganten Standpunkt. Und inkonsequent ist er auch. Wäre er konsequent, würde er in eine Philosophie der Menschenflucht münden, wie sie Ulrich Horstmann in seinem Buch „Das Untier“ vorgelegt hat: Abschaffung des Menschen ohne Wenn und Aber. So konsequent bin ich aber nicht. Mir geht es ja nicht darum, den Menschen als solchen abzuschaffen. Mir würde schon reichen, wenn er, der Mensch, nicht in Form einer kunstbeflissenen Horde durch die Säle des Kunsthistorischen Museums trampelt, während gerade ein so wunderbar witziger Text aufgeführt wird wie der, den Doron Rabinovici über Carlo Saracenis Gemälde „Judith mit dem Kopf des Holofernes“ geschrieben hat. (Es war, nur so viel, die Putzfrau, was man leicht daran erkennen kann, dass das Blut bereits aufgewischt war, als der Maler auf den Plan trat, um das Ereignis festzuhalten.) Am Morgen danach habe ich während der Gartenarbeit über die Mahnung der Herrschaft nachgedacht. Nicht, dass mich der Vorwurf der Arroganz besonders verstört hätte. Nein, mich hat die von der Herrschaft ins Spiel gebrachte Möglichkeit, dass es der Kunsthorde mit mir genau so gehen könnte wie mir mit der Kunsthorde, noch mehr gegen sie aufgebracht. Zurecht, wie ich meine. Oder?

michael.fleischhacker@kurier.at

Kommentare