Zuerst aber einmal flussaufwärts. Die Strömung zieht dorthin – Franky hat das gelesen und vorausgesagt. Schnorchel in den Mund. Noch ein paar Flossenschläge, jetzt fließt das Wasser in die richtige Richtung. Und zwar flott. Der Neoprenanzug hält den Körper an der Oberfläche, die Strömung lässt ihn im Wasser schweben. Der Untergrund schießt vorbei. So schlecht ist die Sicht gar nicht, nur ein bisschen eingetrübt. Ab und zu tauchen große Steine auf. „Einfach flach hinlegen“, hat Franky vorher geraten. „Sonst haust dir das Knie an.“
Franky ist der Sohn Franz Pramendorfers. Er ist der Erfinders des Flusstauchens und Flussschnorchelns in der Traun. Eigentlich ist er ein gelernter Mathematik- und Sportlehrer, Typ lässiger Pädagoge mit lockerem Spruch. „Ich bin 1989 ausgestiegen, 1991 von den Malediven zurückgekommen und einmal bei den Traunfällen vorbeigekommen. Das Wasser war hier so schön. Früher war das verdreckt, da sind fast hausgroße Schaumteppiche dahergeschwommen.“
Kläranlagen sei Dank gehört diese Verschmutzung der Vergangenheit an. Die mitgeführte Pressluftflasche war noch nicht geleert. „Da bin ich reingegangen.“ Und er erkannte: Perfekte Tauchspots müssen nicht in den Tropen liegen. Die Unterwasserlandschaft „ist schon geil, he“. Denn: „Hier gibt es überflutete Treppelwege, Wehranlagen oder Pumphäuser.“ Für Taucher kann es sogar bis zu 18 Meter in die Tiefe gehen.
Und wie Heraklit schon wusste: Man steigt nicht zwei Mal in denselben Fluss. „Es sieht nach jedem Hochwasser anders aus“, sagt der Leiter der Basis. Höhlen, Schluchten und Bäume, die ins Wasser hängen, sind gute Rückzugsorte für Fische. Und von denen gibt es jede Menge. „Zehn Arten sieht man immer, mit Glück sind es zwölf oder 13.“ Barben, Barsche, Forellen, Äschen seien bei jeder Tour dabei. Manchmal bekomme man sogar einen Huchen vor die Taucherbrille. Der kann bis zu 1,50 Meter lang werden.
Nicht selten ist hingegen der Hecht. Es gibt sogar eine Tour mit Hechtgarantie. Sieht man keinen, gibt es Geld zurück „Die Kombination aus Artenreichtum, Sicht und Unterwasserlandschaft ist einzigartig in Europa“, meint Pramendorfer senior.
Hechte und Krebse
Die Traun macht eine leicht Kurve. Pramendorfer junior navigiert ans Ufer, wo Äste ins Wasser hängen. „Dort müssten Hechte sein.“ Franky entdeckt den torpedoförmigen Raubfisch. Er hat den Expertenblick. Andere brauchen da länger. Immer den Blick an Frankys Zeigefinger entlang. Tatsächlich. Ein ganz schön kapitales Exemplar. Und der Schnorchellehrer hat schon wieder etwas entdeckt. Ein beherzter Griff unter Wasser und er zieht einen Signalkrebs hervor. „Das ist eigentlich eine invasive Art. Da sind einmal welche bei einem Züchter ausgekommen. Die haben sich schnell vermehrt. Und sie haben die einheimischen Krebse verdrängt.“ Er reicht das Krustentier weiter – zuvor gibt er aber noch einen Tipp, wo man es halten soll, damit es nicht zwickt. „Und wir dürfen die wegen des Fischereirechts nicht rausnehmen.“
Ein paar Worte des Unverständnisses über die Regelung und ein paar Flossenschläge Richtung Flussmitte. Da wird es wieder schnell. 500 Jahre alte Wehreinbauten tauchen knapp unterm Bauch auf. Sie waren notwendig, um Untiefen für Salzschiffe zu vermeiden. Zwei Barben schwimmen vorbei, quasi als Abschiedsgeschenk, bevor es ans Ufer geht. Wenn man Glück hat, ist sogar ein 500 Fische zählender Schwarm da. Jeder der Barben ist 60 Zentimeter groß.
Wer das erleben will, aber keinen Tauchschein hat, muss vorher noch einen Kurs machen. Und das Argument, eh im Meer schon geschnorchelt zu haben, zählt bei den Pramendorfers nicht. Denn wie Franky sagt: „Schnorcheln im Meer ist ganz anders als im Fluss. Man muss schon das Feeling kennen.“
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