Malvazija und das Gold der Olive: Istrien auf dem Gaumen

Malvazija und das Gold der Olive: Istrien auf dem Gaumen
Kulinarische Freuden, gschmackige Geschichten: Vom Besuch bei drei namhaften istrischen Produzenten.

Auf der sonnigen Terrasse seines sanft in den Hang gebauten Weinguts in Momjan lässt es sich gut aushalten. Er nimmt jetzt noch einen Schluck von seinem mehrfach preisgekrönten Malvazija, dann sagt Gianfranco Kozlović ernst: „Uns fehlen hundert Jahre.“

Unsere Reise zum istrischen Hochgenuss beginnt im Landesinneren, ganz oben, an der Grenze zu Slowenien. Wir werden unterwegs Menschen wie den Doyen der istrischen Winzer am Fuße des pittoresken Bergdorfs Momjan kennenlernen. Sie alle können weit über die Produkte ihrer Arbeit hinaus mit facettenreichen Lebensgeschichten aufwarten.

Malvazija und das Gold der Olive: Istrien auf dem Gaumen

Der Vinosoph. Gianfranco Kozlović spricht über sein Leben wohlüberlegt: „Ich habe den Wein von meiner Familie geerbt.“ Keine Besonderheit. Jeder, der im Hinterland von Istrien einen kleinen Flecken davon besitzt, bearbeitet seine Weinreben oder Olivenbäume. In erster Linie für den Eigenbedarf.

Heute wird das Öl der Oliven wie Gold und der vergorene Saft der Trauben in hohen Euro-Beträgen gehandelt. Doch das war nicht immer so. Vor allem nicht im ehemaligen Jugoslawien. Wer weiß das besser als der Pionier der hiesigen Gaumenfreuden?

„Als ich begonnen habe“, erläutert Maestro Kozlović in der Manier eines Kulturwissenschafters, „meinte man, unseren Wein in erster Linie für Alkoholiker zu produzieren. Dabei zählte unsere Winzerschule hundert Jahre zuvor zu den besten der Welt.“ Zeitgleich begann in seinem Land ein verlustreicher Krieg, in den er nicht ziehen wollte, weil er mit dem Nationalismus wenig anzufangen weiß.

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Heute ist sein Familienname in aller Munde, in Kroatien sowieso, aber auch bei auffallend vielen Weinkennern in den Nachbarländern. Inzwischen ist die Familie Kozlović auch nicht mehr alleine auf weiter Flur. Stolz erklärt der Vorreiter der Genuss-Bewegung: „Am Anfang waren wir in Istrien vier, fünf Winzer. Heute sind wir längst mehr als hundert, darunter auch viele ambitionierte Jüngere.“

Gegen seine Aufbauarbeit wirkte die auch hier ortsübliche Schwerkraft, sie hat ihm viel Energie abverlangt. So antwortet Gianfranco Kozlović auf die Frage, ob er alles noch einmal so machen würde, nachdenklich: „Vielleicht würde ich etwas weniger arbeiten.“ Entspannung findet einer wie er übrigens, wenn ihm seine Mitarbeiter am Ende eines langen Arbeitstages ihren Traktor überlassen: „Wenn ich dann eine Stunde im Weingarten herumfuhrwerken darf, dann ist das mein größtes Glück.“

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Die Architektin. Kleine, enge Landstraßen und eine modern ausgebaute Bundesstraße führen weiter – in Richtung Meer. Eine halbe Autostunde von Momjan entfernt versteckt sich das Anwesen einer weiteren bekannten istrischen Produzentenfamilie. Zwischen den beiden Badeorten Savudrija und Umag führt in Zambratija, leicht zu übersehen, leicht bergauf eine hohle Gasse auf einen Hügel, der mit vielen knorrigen Olivenbäumen bepflanzt ist. Sie führt geradewegs zum repräsentativen Firmensitz von Mate.

„Mate war mein Vater“, eröffnet Aleksandra Vekić, eine Frau, die auch ohne abgeschlossenes Architekturstudium viel von der Welt gesehen und das Corporate Design in ihrer Firma vom Namen bis zu den Olivenölflaschen modern durchgestylt hat

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Es war eine Windung des Lebens, die sie zurück an die obere Adria führte: Aufgewachsen im nahen Triest, hat die kunstaffine Tochter eines dalmatinischen Geschäftsmanns und einer sizilianischen Mutter als Krankenschwester in Ruanda, in Afghanistan und in Georgien gearbeitet. Heute sagt sie: „Dort war ich für andere Menschen da, hier kümmere ich mich um das Land meines Vaters.“ Es ist ein Erbe mit viel Licht und auch natürlichem Schatten: Auf der Plantage von Mate bei Novigrad wachsen heute auf sechs Hektar Olivenbäume in Reih und Glied. Aus ihren Früchten werden im Herbst in der Hightech-Ölmühle 30.000 Liter hochwertiges Extrakt gepresst.

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„Unser Öl findet unter anderem den Weg in alle Restaurants der jungen Grazer Spitzenköche sowie in das Hotel Ritz-Carlton in Wien“, sagt Aleksandra Vekić stolz. Vor gut zehn Jahren hat sie den Markenauftritt auf den Vornamen ihres Vaters zugespitzt – mit einer klaren Idee: „In unseren Oliven soll seine Seele weiterleben.“ Die Arbeit mit den natürlichen Rohstoffen für das Öl würde aber auch ihrer eigenen Seele sehr guttun, möchte sie auch gesagt haben.

Ähnlich wie der Winzer Gianfranco Kozlović macht die Tochter von Mate bei Verkostungen auf die lange, sehr abwechslungsreiche, nicht immer lineare Kulturgeschichte Istriens aufmerksam. Ein Erlebnis ist auch, wenn sie von ihren Mitarbeitern Vanilleeis mit einem ganz speziellen Olivenöl beträufeln und sodann kredenzen lässt. Das feine Öl ist mit dem Saft sizilianischer Orangen versetzt.

Sichtlich stolz erklärt ihr lokal gut verwurzelter und beim Thema Oliven und Öl voll aufblühender Produktionsleiter Sandi Benolić zum Abschied, dass „unser Öl von der strengen Austria Bio Garantie kontrolliert und zertifiziert wird“.

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Die beiden Brüder. Apropos Austria Bio Garantie: Auf die vertrauen auch die beiden Brüder Tedi und Sandi Chiavalon in dem der Hafenstadt Pula vorgelagerten Ort Vodnjan. Auch ihr Öl beruht auf Tradition – der Tradition ihrer Familie. Sandi hat sie mit seinen eigenen Händen und Visionen fortgeschrieben, Tedi ist der, der sie gut erzählen kann.

Die Erfolgsstory der Familie Chiavalon beginnt genau genommen mit zwei Todesfällen, eröffnet der Ältere der beiden Brüder am Rande eines Geschmackslehrgangs. „Mein Bruder war damals dreizehn, und ich achtzehn. Da sind in einem Jahr unser Vater und unser Großvater gestorben.“ Das war im Jahr 1997. „Mein Bruder wollte dann für unsere Verstorbenen hundert Olivenbäume setzen. Er wusste damals noch nicht, dass er damit das Leben unserer Familie grundlegend verändern würde.“

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Dazu muss man wissen: Fünfzig Olivenbäume besitzt in Vodnjan praktisch jede Familie. Aus den fünfzig Bäumen wird Olivenöl für den Eigenbedarf erzeugt. Vor bald 25 Jahren setzte sein Bruder nicht nur ein persönliches Zeichen, er begründete damit auch den Wohlstand der Chiavalons. Heute besitzen sie rund um ihre neue Ölmühle gut 16.000 Bäume. Darüber hinaus verarbeiten sie die Oliven jener 32 Familien in Vodnjan, die sich in einer Art örtlichen Genossenschaft zusammengeschlossen haben.

Wichtig ist den beiden Brüdern der Hinweis: „Wir verarbeiten nur autochthone Sorten. Nach der Ernte werden die Oliven so schnell wie nur möglich von unseren beiden parallel laufenden Hightech-Maschinen verarbeitet.“ Auch die Bio-Zertifizierung sei ihnen besonders wichtig: „Sie erfordert viele Arbeitsschritte und erlaubt keinen Kompromiss.“

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Die Arbeit, die Mühle, das Marketing und noch etwas hat seinen Preis. Tedi Chiavalon erklärt es so: „Wenn unser Vater noch am Leben wäre, er würde uns wohl erschießen.“ Niemals im Leben würde er zulassen, dass seine Söhne aus einem Baum selbst in einem guten Jahr nur zwei Liter Öl erzielen wollen.

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Weingut  Kozlović:

Verkostungen, Verkauf auf dem Weingut der Familie.

https://www.kozlovic.hr/

Adresse: Vale 78, Momjan, 52460 Buje (Buie d’Istria)

Ölmühle Mate:

Verkostungen, Verkauf.

http://www.mateoliveoil.com/

Adresse: Romanija 60/A, 52475 Savudrija (Salvore)

Ölmühle Chiavalon:

Verkostungen, Verkauf, Seminare, Erntehilfe.

https://www.chiavalon.hr/

Adresse: Salvela 50, 52215 Vodnjan (Dignano)

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