Aus Japan erreicht uns Teleworker die Nachricht von einer modischen Innovation: Pyjamaanzüge. Die edlen Teile liegen geschmeidig auf der Haut, so angenehm wie Nachtwäsche. Und sehen dabei – in den distinguiert-dezenten Farben Marine, Beige, Schwarz und Dunkelgrau beliebig miteinander kombinierbar – doch aus, als säße der modebewusste Träger in der Videokonferenz im feinsten Zwirn vor dem Monitor. Für Serien-Nerds wird ein Traum wahr: Endlich im Pyjama-Suit lustwandeln wie Barney Stinson in „How I Met Your Mother“. Und das auch noch bei der Arbeit!
Der Pyjamaanzug kommt zur rechten Zeit. Wir haben es – stets im Homeoffice-Kampfmodus zwischen Deadlines, Homeschooling und Online-Kommunikation – bequem und sehen dabei auch noch gut aus. Die Fashionistas wiederum freuen sich über einen Trend, den sie endlich ausführen und auf Instagram herzeigen können. Und findige Modehäuser kreieren aus der Existenzbedrohung eine Chance: Indem sie ihr Angebot umstellen oder mit innovativen Entwürfen das Geschäft neu ankurbeln, können sie Verlusten Einhalt gebieten. Wer zückt schließlich noch sein Portemonnaie für einen aus feinstem Zwirn maßgeschneiderten Anzug aus der Via Monte Napoleone in Mailand, wenn den dann im Meeting niemand zu Gesicht bekommt, weil gerade keine Meetings stattfinden? Und das voraussichtlich noch auf längere Sicht.
Leger wird öffentlich
Dass der neue Trend zum Komfortablen auch extravagante Blüten treibt, ist Ehrensache in der Mode. Für einen Hausschuh aus dem Hause Gucci löhnt der modebewusste Besserverdiener 590 Euro – und damit ein Fünftel des Einstiegsgehaltes einer Krankenpflegekraft. Ob in Lammfell, Samt oder mit Nieten versehen: Der einstige Inbegriff der Verspießbürgerung feiert ein facettenreiches Comeback und versinnbildlicht die neue Normalität.
Es wird also wieder leger, doch eigentlich ist es das längst schon. Die Jogginghose ist auf dem Siegeszug und hat den öffentlichen Raum erobert. Das eherne Gesetz Karl Lagerfelds, der lange die rigide Ansicht vertrat, das Tragen einer solchen zeuge davon, dass uns die Dinge des Lebens entgleisen würden, ist passé. Spätestens seit es mancherorts als Statussymbol angesehen wird, den Flug aus dem Lockdown in Richtung Dubai im Jogginganzug anzutreten. Die Zeiten ändern sich, und mit ihnen ihre Zeichen: Das Private wird öffentlich, auch bedingt durch die Sozialen Medien, dem Offiziellen wird der Zahn gezogen.
Was früher im Verborgenen blühte, nämlich nach Feierabend oder am Wochenende, ist seit geraumer Zeit ein stylisher Trend: Loungewear ist bequem und lässig und sieht richtig gestylt richtig gut aus. Die bequeme Kleidung etikettiert keine bestimmte soziale Klasse mehr – alle tragen sie: Hoodies und Oversize-Shirts eignen sich für Netflix & Chill genauso wie fürs Webinar im Homeoffice.
Crop Tops und Trackpants (also: bauchfreie Leiberln und bessere Jogginghosen) kombiniert mit Blazern und Sneakers ergeben zudem einen coolen Streetstyle: Athleisure, was sich aus den Begriffen „athletic“ für Sport und „leisure“ für Freizeit zusammensetzt, boomt im Verkauf. Das gilt auch für den guten alten Pyjama: Laut dem Digital-Economy-Index von Adobe stiegen im Vorjahr die Verkäufe im April gegenüber März um 143 Prozent. Tagsüber edle Pyjamas zu tragen zählt dieses Jahr zum wichtigsten Modetrend Athflow, bei dem Komfort auf Eleganz trifft – der neue Gipfel der Gemütlichkeit.
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