Sogar auf Schloss Windsor, wo Prinzessin Beatrice bei ihrer Überraschungshochzeit Mitte Juli modetechnisch Aufsehen erregte: Das Vintagekleid aus dem Roben-Reservoir der Queen wurde von Hofschneiderin Angela Kelly um zarte Puffärmelchen aus Tüll ergänzt und erinnerte damit an das legendäre Brautkleid von Beas Tante Diana. Damals, in den frühen Achtzigern, gehörten bauschige Ärmel zur Brautuniform wie Schleier und Strumpfband, ehe sie ab den Neunzigern als parodistisches Sinnbild für Geschmacklosigkeit herhalten mussten.
Puffärmel im Wandel der Zeit:
Brautmode
Nun schlägt das Mode-Pendel wieder in die andere Richtung aus. „Es scheint tatsächlich, dass sie wieder im Kommen sind. In den Kollektionen 2021 gibt es bei mehreren Herstellern Brautkleider mit Puffärmeln“, sagt Karin Hausberger von Sposa Vienna Braut- und Abendmoden auf Nachfrage des KURIER. „Puffärmel werden auf jeden Fall in der Brautmode ein Thema für die kommende Saison“, bestätigt Julien Flossmann vom gleichnamigen Brautmodengeschäft. Es klingt ein bisschen wie eine Drohung.
Die neue Formenlehre passt jedenfalls zur romantischen Milchmädchen-Ästhetik, die derzeit in den sozialen Medien herumgeistert: zarte Volants, Rüschen und florale Muster beschwören eine Sehnsucht nach entschleunigtem Landleben – „Cottagecore“ nennt sich die Stil-Strömung, bei der auch Puffärmel nicht fehlen dürfen.
Wie ein Schmetterling
„Das erinnert an das Biedermeier, als die Ärmel immer überdimensionierter wurden“, sagt Regina Karner, Leiterin der Modesammlung im Wien Museum: „Da es bis zur Französischen Revolution keine bürgerliche Mode in dem Sinn gab, bediente man sich der Formenwelt des Barock. Um 1820 begannen die Oberarmpuffen der Ärmel an den Kleidern größer und weiter zu werden, um letztendlich bis 1835 eine ungeheure Weite anzunehmen.“ Die Ärmel bildeten den Gegensatz zur eng geschnürten Wespentaille und waren das Pendant zum weiten Rock: „Die Silhouette der Dame bekam eine Art schmetterlingshaftes, puppenhaftes Aussehen.“
Jahrhunderte zuvor, während der Renaissance, hatten auch Männer ihre textilen Schulterpartien bis zum Maximum aufgepumpt, um Macht und Virilität zu demonstrieren. Auch jetzt gibt es die Theorie, die Designer würden mit den XL-Ärmeln ein Zeichen für Emanzipation setzen.
Möglicherweise hat der Hype aber auch einen anderen Grund: Mit Formen zu experimentieren, in neue Rollen zu schlüpfen, macht Spaß – in diesem Sommer besonders.
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