Individualität
Seine eigentliche Funktion verlor der Siegelring später, ganz von der Bildfläche verschwand er jedoch nie. Vielmehr tauchte er an eher unerwarteter Stelle auf. In den Achtzigerjahren entdeckte die Hip-Hop-Szene den symbolträchtigen Ring für sich, dort wird er seither in bester Protz-Manier zu anderem üppigen Schmuck wie schweren Goldkettchen kombiniert. Auch hier blieb der Siegelring vornehmlich Männersache.
Erst seit Kurzem ist er immer öfter auch an modebewussten Frauen zu sehen. In weniger opulenter Form wird der Siegelring nun sogar zum Blumenkleid ausgeführt. „40 Prozent meiner Siegelring-Kunden sind Frauen“, verrät Juwelier Michael Kruzik im KURIER-Gespräch. In Zusammenarbeit mit der Wiener Manufaktur Brüder Nowotny bietet er auch individuelle Fertigungen an.
Die Kundschaft teile sich dabei in zwei Gruppen: „Die einen sind sehr schmuckaffin und finden diesen Trend einfach toll.“ Der Großteil wünscht sich eine personalisierte Variante, beispielsweise mit Initialen. Lagensteine wie Onyx oder Lapislazuli verleihen den Ringen einen modernen Schliff. Es gebe jedoch nach wie vor auch Familien, die ihr eigenes Wappen in Schmuckform verewigt haben wollen. Kruzik: „Teils werden Siegelringe den erwachsen gewordenen Kindern zu einem besonderen Anlass geschenkt.“ Einige wollen den Schmuck dezidiert zum Versiegeln von Briefen verwenden. In diesem Fall muss er auch wie damals hergestellt werden: Die Gravur muss spiegelverkehrt sein.
Allein oder in Kombi
Auch wenn das Geschäft mit Siegelringen bei Juwelier Kruzik nie stillstand, stellt auch er eine steigende Popularität der charakteristischen Form fest.
Der Siegelring mag zwar nicht mehr dem Adel vorbehalten sein, nach wie vor gilt jedoch: Wer ihn trägt, möchte auffallen. Die Wiener Schmuckdesignerin Lena Kris bietet ihn in ihrer Kollektion aus Silber gefertigt für Fans von Schnörkellosem an. Das heimische Label Bruna setzt lieber auf Verspieltes: Sonnen-Motive finden sich auf den vergoldeten Stücken. Und für Monogram-Liebhaber hat Louis Vuitton diese Saison das Passende parat.
Gestylt wird der Siegelring nach Lust und Laune: Früher fand er traditionell am kleinen Finger seinen Platz, heute trägt ihn Mann meist am Ringfinger. Frauen kombinieren ihn gerne zu anderen filigranen Stücken. Hauptsache individuell.
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