Man nehme einen der größten Popstars unserer Zeit und eines der meistgefürchteten Kleidungsstücke der Geschichte – fertig ist das überraschendste Mode-Comeback der Frühjahr/Sommer-Saison 2021. Justin Bieber, der kürzlich von Ehefrau Hailey auf der heimischen Couch fotografiert wurde, ist offenbar überzeugt: Das Hawaiihemd ist zurück.
Ob das Wiederaufflammen einer längst verdrängten Modeliebe mit der Pandemie-bedingten, mehr denn je präsenten Sehnsucht nach Urlaub zusammenhängt? Die Designer scheinen sich jedenfalls einig zu sein, dass ein wenig kunterbunter Kitsch am Leib in Zeiten wie diesen nicht schaden kann.
Textiler Botschafter
Optisch ähneln die aktuellen Entwürfe jenen, die erstmals in den 1930er-Jahren populär wurden. Hawaii wurde unter sonnenhungrigen Amerikanern zur beliebten Destination, noch bevor die Inselkette 1959 offiziell zum 50. US-Bundesstaat erklärt wurde. Für diese neue Klientel produzierten kleine, lokale Schneidereien schon bald die ersten Hemden mit bunten Grafiken. Der genaue Ursprung liegt im Dunkeln – der kulturelle Einfluss aus Japan und China ist jedoch offensichtlich. Ob gewollt oder nicht: In puncto Marketing war das bunte Mitbringsel ein genialer Schachzug. Die Inselbewohner machten das Hemd für das bis Ende der Zwanzigerjahre nur von wenigen Touristen besuchte Hawaii zum weltweiten textilen Botschafter.
Elvis bis Magnum
Seitdem hat das Image der Oberteile, bedruckt mit exotischen Blumen und Ozean-Mustern, eine regelrechte Talfahrt hingelegt. Die Sternstunden: 1951 trug der damalige US-Präsident Harry Truman auf dem Cover des Life-Magazins ein Hawaiihemd. 1952 schlüpften Frank Sinatra und Montgomery Clift in „Verdammt in alle Ewigkeit“ in den Bestseller. Legendär auch Elvis Presleys rotes Modell in „Blue Hawaii“ aus dem Jahr 1961.
Die Siebzigerjahre läuteten den Abstieg des textilen Exportschlagers ein. Es wurde zum Synonym für Geschmacksverwirrung. Daran konnten auch Tom Selleck alias „Magnum“ und Leonardo DiCaprio in „Romeo und Julia“ nichts ändern.
Es geht auch dezent
Um die Jahrtausendwende konnten Surfer und Skater das Hawaiihemd kurzzeitig aus der Kategorie „modisches Fettnäpfchen“ hervorholen. Begeisterter Wassersportler ist übrigens auch Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, Österreichs wohl prominentester Aloha-Look-Anhänger.
Heuer haben sich einige der renommiertesten Modehäuser das Hawaiihemd vorgeknöpft – und zeigen, wie es modern gestylt wird. Saint Laurent schlägt dazu eine Bomberjacke vor. Celine zeigt mit einer minimalistischen Version in Schwarz-Weiß, dass es gar nicht kunterbunt sein muss – und kombiniert darunter ein weißes Hemd.
Dass sich Frauen nicht ausgeschlossen fühlen müssen, zeigte jüngst Rihanna. Die Sängerin wurde in der Männerabteilung von Celine fündig. In so manchem Haushalt dürfte ein Blick in die hinterste Ecke des Kleiderschranks jedoch ausreichen, um den Trend mitzumachen.
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