Über die Magie der Nacht: Designerin Roshi Porkar im Porträt
Roshi Porkar. Mit diesem Namen muss man wohl einen kreativen Beruf ausüben – zumindest braucht man sich keinen Künstlernamen zu suchen. Die gebürtige Wienerin wiegelt die Besonderheit um ihren Namen uneitel ab: „Ach, Roshi ist einfach nur eine persiche Version von Roxanne. Mein Vater stammt aus Persien, dort ist er nicht ungewöhnlich.“
Die Leidenschaft für Modedesign ist ihrem Talent geschuldet, eine gute Zeichnerin zu sein. Schon in der Schule hat die aufgeweckte aber „immer brave Schülerin“ zur Unterhaltung ihrer Klassenkollegen Lehrer karikiert und Comics gezeichnet.
Damals wurde klar, dass es auch beruflich in diese Richtung gehen soll. Warum aber ausgerechnet der Modebereich? „Kleidung kann dein Selbstwertgefühl total beeinflussen. Gut angezogen fühlt man sich stärker, selbstbewusster. Durch Kleidung zeigt man, wie man sich fühlt. Das finde ich sehr spannend und es fasziniert mich bis heute.“
In Los Angeles
Nach der Matura ging die heute 32-Jährige deshalb in die Modeklasse der Angewandten. Erst unter Veronique Branquinho, dann zu ihrem Mentor Bernhard Willhelm. „Mit ihm habe ich heute noch Kontakt, er ist zu einem Freund geworden.“
Für den Stardesigner hat sie nach ihrem Studium auch gearbeitet. Allerdings ist in seinem Atelier in Los Angeles mehr gefeiert als entworfen worden, gesteht Roshi. „Ich bin ein Nachttier und liebe es, auszugehen. Die Menschen sind am Abend ganz anders als am Tag, die Nacht ist viel spannender.“
Atemlos durch die Nacht
Schon mit ihrem Ex-Freund, dem international erfolgreichen DJ „Wolfram“, ging es als Studentin in bekannte Clubs rund um den Globus. „Durch die vielen Leute und Orte, die man kennenlernt, wird einem die Angst vor der großen Welt genommen und bewusst, dass man von sich selbst durchaus was erwarten kann.“
In Paris
Vor vier Jahren verabschiedete sich Roshi schließlich nach Frankreich, um für das Modehaus Kenzo zu arbeiten.
Ihr Alltag als Senior Designer: Stoffe sichten (und dafür auch mal eben nach Japan fliegen), Moodboards erstellen, Entwürfe zum vorgegebenen Kollektionsthema zeichnen, Feedbackrunden und viel Teamwork. Anschließend wurde in Pariser Bars nicht selten gemeinsam durchgemacht. Und dann kam die Pandemie.
Zurück nach Wien
Jetzt sitzt Porkar statt in einem Büro mit 40 Kollegen alleine in ihrer Wohnung in Wien vor ihrem Schreibtisch. Im Dezember 2020 ist die Designerin noch von Paris nach New York übersiedelt – für ihren neuen Job.
Nach Kenzo war das Kultlabel Opening Ceremony der nächste Karriereschritt.
Doch nach drei Monaten im Big Apple ging es zurück in die Heimat, wo sie nun zwischen Mailand (im Zweitbüro des Unternehmens) und Wien an neuen Kleidern für die spezielle Streetstyle-Marke arbeitet. Die neue Mini-Kollektion wurde soeben vorgestellt.
Keine Lösungen
Über die aktuellen Entwürfe großer Modehäuser wie Versace und Co. zeigt sich Porkar wenig euphorisch: „Ich finde derzeit alles etwas langweilig und gezwungen. Das soll nicht arrogant klingen. Aber jeder spricht von Nachhaltigkeit, und trotzdem machen alle weiter wie bisher. Wir hatten gerade Zeit für neue Lösungen, aber niemand hat etwas Neues umgesetzt.“
Die Modewelt wird sich in den kommenden Jahren radikal verändern, ist sich die Designerin sicher. Nur wo die Reise hingeht, weiß sie selbst nicht so genau. „Alle kaufen nur Pullis und T-Shirts, viele Teile aus den Kollektionen wurden eingestampft und die Lager sind trotzdem voll. Es gibt ganz einfach viel zu viel.“
Wieder reisen
Über die Frage, was ihr Traumjob in der Fashionwelt wäre, muss sie lange nachdenken. Am liebsten würde sie erst einmal wieder reisen. Der Liebe zu ihrer Heimatstadt Wien soll das keinen Abbruch tun, denn nirgends lebe man besser als hier.
Die vielen heimischen Künstlerfreunde, die über der Welt verstreut waren, kehrten auch fast alle wieder zurück und ein bisschen länger bleibt sie gerne: „Ich liebe den Sommer in Wien.“
Geboren 1988, studierte sie an der Universität für angewandte Kunst in Wien Modedesign unter Veronique Branquinho und Bernhard Willhelm. Sie arbeitete für Stylist Karl Templer in New York und das Luxuslabel Lanvin in Paris.
Zwischendurch präsentierte sie eine Kollektion unter ihrem Namen auf der Berlin Fashion Week. Porkar kam auf dem renommierten Festival für Mode und Fotografie in Hyères unter die Finalisten und erhielt den Chloé Spezialpreis. Dort wurden die Chefdesigner von Kenzo auf die Wienerin aufmerksam und engagierten Porkar 2016. Ende 2019 wechselte sie zu
deren Streetwear-Label Opening Ceremony.
Das 2002 von Carol Lim und Humberto Leon gegründete Label, präsentierte neben Eigenkreationen auch Jungdesigner in den legendären Shops von New York bis Tokio. O. C. unterstützt Subkulturen und ist politisch aktiv.
2020 wurde das Label von der New Guards Group gekauft und alle Läden geschlossen. Der Fokus liegt nun auf eigenen Kollektionen.
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