Martin Suter und Benjamin Stuckrad-Barre: „Es war Liebe auf den ersten Blick“

Martin Suter und Benjamin Stuckrad-Barre: „Es war Liebe auf den ersten Blick“
Die Autoren Benjamin von Stuckrad-Barre und Martin Suter haben aus ihren Gesprächen ein Buch gemacht. Im Interview erzählen sie von Weltangst, Österreich-Liebe, und warum einer von ihnen in Wien aus dem Hotel Sacher flog.

Zwei Schreiber beim Reden. Ihnen zuhören kann man jetzt beim Lesen: Im Buch „Alle sind so ernst geworden“ (Diogenes Verlag) unterhalten sich Benjamin von Stuckrad-Barre und Martin Suter in Dialogform über Gott und die Welt. Höchst amüsant geht es da um Hochzeiten wie um LSD, um den Teufel wie um Verliebtheit oder die Verwendung des gedanklichen Lückenfüllers „Äähm“. Zwei Autoren, zwei Freunde. Die unterschiedlicher nicht sein könnten: Stuckrad-Barre, Popliterat, TV-Moderator mit Drogenhistorie, nervöser Vielredner. Suter: Bestseller-Autor, Schweizer, Gentleman. Per Zoom-Meeting aus einem Luxushotel in Hamburg erzählen sie im Gespräch von ihrer Freundschaft, von Peinlichkeit, Vaterfiguren und Thomas Bernhard. Und wie man selbst Neid als Teil von Liebe begreifen kann.

freizeit: Herr Stuckrad-Barre, Herr Suter, bevor Sie Freunde wurden, haben Sie sich kennengelernt – gekleidet waren Sie dabei in Badehosen. Hätten Sie im Nachhinein betrachtet gerne etwas anderes getragen?

MARTIN SUTER: An einem anderen Ort hätten wir sicher etwas anderes getragen. Aber in diesem Hotel an der Ostsee: Da wäre es ein bisschen blöd gewesen, wären wir in Anzug und Krawatte aufgetreten. Wir wären noch mehr aufgefallen.

BENJAMIN VON STUCKRAD-BARRE: Es war kurz etwas peinlich, aber das hat sich als Glück erwiesen. Ich finde Peinlichkeit immer gut. Mir ist auch immer alles peinlich. Legt man das offen, ist es eine Chance – weil es jedem halbwegs intelligenten Menschen ja genauso geht. Das zu teilen und da gemeinsam durchzuschreiten, das verbindet natürlich sofort. In unseren Badehosen war nicht mehr viel Verstellung nötig, weil auch gar nicht möglich. Wir konnten einander also gleich die Wahrheit sagen. Die Wahrheiten! Denn wozu bloß eine? Das wäre ja uninteressant.

Peinlichkeit offenlegen und Schwächen ansprechen, um Druck aus einer unangenehmen Situation zu nehmen, wird einem ja geraten.

STUCKRAD-BARRE: Ich bin wahnsinnig verkrampft und verklemmt, was eine Zumutung ist, auch für mich selbst, und ich glaube an diesen Zugang. Es geht um Komik, gerade ansichtig der Tragödie – und Erlösung. Es ist ja alles eine große Komödie. Wenn man sich so umsieht: Lockdown und Klimakatastrophe, Trump und Covid – da fragt man sich, wo bitte geht’s zur Sterbehilfe. Da hilft das Denkmodell, dass man sich in einer Komödie befindet – sonst hält man’s nicht aus. 

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