Dieser Kurs ist als einer von gleich mehreren neuen Leuchttürmen in der bereits 110-jährigen Geschichte der Bildungseinrichtung am Donaukanal zu sehen: Er zeigt an, dass in der Direktion der ehrwürdigen VHS zum ersten Mal in ihren 110 Jahren eine Frau am Ruder ist. Und Doris Zametzer will darüber hinaus weitere klare Akzente setzen.
Im Namen der Urania
Die Volksbildnerin verrät dem KURIER von ihrer Neuausrichtung: „Urania ist ja die Muse der Sternkunde. Sie ist aber vor allem auch eine Frau.“ Deshalb will Zametzer im multifunktionalen Haus in der Mitte von Wien neben den beiden Institutionen Kasperltheater und Sternwarte zu einer ebenso beliebten dritten Säule werden: „Die Urania soll ein Begegnungsort für Frauen werden, ein Haus der Frauen, und dazu ein Zentrum für die zuletzt ins Hintertreffen geratenen Geisteswissenschaften.“
Zunächst sollen aber mal die Frauen die Angel in die Hand nehmen und an drei Kursabenden am Kanalufer und in der Lobau eine der letzten Männerdomänen persönlich kennenlernen.
Sabine Hornacek hat vor sieben Jahren ihr Herz an die Angel verloren. In der Welt der Fischer kommt sie mit ihrem Kunstnamen „Sabee on the bank“ ganz gut zurecht: „Ja, ich bin öfters die einzige Frau auf weiter Flur, darauf werde ich schon auch angesprochen. Aber keine Sorge. Die Fischer sind entspannte Leute. Ich bekomme durchaus positiven Zuspruch.“
Das Schöne an ihrem Hobby, das sie als Angestellte beim Verband der Österreichischen Arbeiter-Fischerei-Vereine auch zu ihrem Beruf machen konnte, beschreibt Hornacek so: „Ich liebe es, in der Natur zu sein, weit weg vom Alltagstrubel. Fischen schenkt mir sehr viel Zeit, wertvolle Zeit, um für mich zu sein. Da ist es plötzlich ganz egal, wie stressig der Tag war. Ich fahre raus aus der Stadt, an einen Teich oder an einen Altarm der Donau, kann dort sofort abschalten, zur Ruhe kommen und einfach den Moment genießen.“
Auf den ersten Blick
Ihr damaliger Partner hat sie zum Fischen an einen Teich in Niederösterreich mitgenommen, zunächst nur als Begleiterin. „Der Klassiker.“ Doch nach einigen Tagesausflügen ans Wasser durfte sie selbst einen Fisch in Aktion erleben. „Schon nach dem ersten Mal war es um mich geschehen.“
Fischen trifft derzeit auch den Nerv einer von permanenter Erreichbarkeit angetriebenen Gesellschaft. Das weiß auch Sabine Hornacek, die in der Lenaugasse im 8. Bezirk drei Mal pro Woche am Schalter sitzt und dort unter anderem Fischerkarten ausstellt. Schon vor Ausbruch des Coronavirus registrierte man in den rund 60 Vereinen, die dem Verband angehören, mehr Anfragen. In der Pandemie hat sich das Interesse noch weiter verstärkt.
Am ersten Kursabend will die Fischerin den Teilnehmerinnen neben theoretischem Wissen am Kanal den Pendel- und den Überkopf-Wurf beibringen. Gespannt ist sie, wie viele Frauen anbeißen und sich fürs Fischen – so wie sie – nachhaltig erwärmen können.
Apropos Anbeißen: Lange kann es dauern, bis klar wird, welcher Fisch tatsächlich den Köder angebissen hat. Seine Bewegungen und seine Kraft geben erste Anhaltspunkte, aber zu sehen gibt es für die Fischerin erst etwas, wenn er auf den letzten Metern bis zum Ufer endlich auftaucht.
In weiteren Kursen der Volkshochschule Urania soll in diesem Sommer auch über die Geschichte und die Bewohner des Donaukanals referiert werden. Hecht, Karpfen, Wels, Zander, Barsch, Aal, Nase, Rotfeder – alle sind Teil der hiesigen Fischfauna. Und vielleicht wird man ja in 110 Jahren in der Urania einen Kurs über die Anfänge der Frauenfischerei am Wiener Donaukanal buchen.
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