Warum Städte für Heringsmöwen ein „gefundenes Fressen“ sind

Eine Seemöwe vor Stockholm
Neues Forschungsergebnis: Die Vögel mögen Nahrung, die durch menschliche Hände gegangen ist – das hat sie in die Städte gezogen

Verhaltensbiologie. Wer schon einmal in einer Hafenstadt war, kennt das Bild: Möwen kreisen und kreischen dort besonders laut, wo es viele Menschen gibt – stehen dort doch die Chancen gut, dass auch Fressbares für sie abfällt.

Kuriose Entdeckung: Die Vögel bevorzugen Nahrung, die zuvor durch menschliche Hände gegangen ist. Das haben britische Forscher der Universität Exeter herausgefunden. Wie sie das gemacht haben? Sie haben Heringsmöwen zwei identische Nahrungsmittel präsentiert – eines davon hatten die Möwen in der Hand eines Menschen gesehen. An diesem Futter pickten die Vögel öfter. Die Forscher näherten sich dabei einzelnen Möwen und stellten zwei Eimer vor ihnen auf den Boden, wobei jeder einen eingewickelten Haferriegel bedeckte.

Die Eimer wurden dann entfernt, der Forscher hob einen der Haferriegel auf, hantierte zwanzig Sekunden lang damit und legte ihn auf den Boden. Die Seevögel beobachteten die Person dabei.

Insgesamt wurden 38 Möwen getestet, 24 waren offensichtlich hungrig und knabberten an dem Riegel. 19 – also fast 80 Prozent – entschieden sich für den Bissen, der zuvor durch die Hand des Forschers gegangen war.

Um zu sehen, ob das Gleiche passiert, wenn man den Vögeln Gegenstände anbietet, wurde das Experiment mit Schwämmen wiederholt, die in Form und Größe den Haferriegeln ähnelten. Wiederum ging ein Stück durch die Hände eines Forschers, das andere nicht. Das Ergebnis: Die Möwen pickten zwar interessiert an dem Schwamm – dabei war es den Vögeln aber offensichtlich egal, ob ein Mensch diesen zuvor in der Hand hatte. Für die Forscher ist somit klar: Die Möwen haben die Aufmerksamkeit auf das Futter gelenkt.

Laut der Forscherin Laura Kelley zeigt die Studie, „dass Hinweise von Menschen eine wichtige Rolle bei der Nahrungssuche der Möwen spielen. Das könnte teilweise erklären, warum die Möwen bei der Kolonisierung städtischer Gebiete so erfolgreich waren“.

Bevorzugter Riegel

Bitte nicht füttern

Für die Forscher ist somit auch klar: „Es ist wichtig, Nahrungsabfälle richtig zu entsorgen. Werden Möwen versehentlich gefüttert, verstärkt man ihr Verhalten noch und zieht sie noch mehr in die Städte.“ Dort finden sie nicht nur Nahrung auf Mistplätzen, sondern auch ausreichend Nistplätze. Veröffentlicht wurde die Studie in der Wissenschaftszeitschrift Royal Society Open Science.

Die Forscher aus Exeter haben übrigens vor Kurzem noch eine lustige Entdeckung gemacht: Wer Möwen davon abhalten will, Nahrungsmittel zu stehlen, er muss sie nur anstarren – da sind die Tiere offensichtlich nicht viel anders als Menschen. Sie lassen sich nicht gerne beim Stehlen erwischen.

Kommentare