TV-Konsum: Wie sich US-Krimis auf das heimische Publikum auswirken
Criminal Minds, The Closer, True Detective oder Bones: Die Liste der Krimi- und Polizeiserien aus US-amerikanischer Produktion ist fast unendlich. Hierzulande sind die Episoden inzwischen nicht mehr nur im Fernsehen, sondern vor allem über diverse Streaming-Dienste abrufbar.
Doch was macht der Konsum von US-Krimis aus dem angloamerikanischen Kulturraum eigentlich mit der heimischen Zuseherschaft? Dieser Frage haben sich zwei Forscher der MedUni Wien angenommen.
Psychologe Benedikt Till und Public-Health-Experte Thomas Niederkrotenthaler vom Zentrum für Public Health haben zusammen mit dem Kommunikationswissenschafter Florian Arendt von der Universität Wien eine Studie aus dem Jahr 2016 mit einer großen, für die österreichische Bevölkerung repräsentativen Stichprobe wiederholt.
US-TV-Inhalte beeinflussen Wahrnehmung
Ergebnis der Neuauflage: Wer sich viele US-amerikanische Krimisendungen im Fernsehen ansieht, unterliegt öfter und leichter falschen Wahrnehmungen hinsichtlich der Todesstrafe – und zwar unabhängig von Alter, Bildung und Geschlecht.
Bei der ersten Studie im Jahr 2016 gaben rund elf Prozent der Befragten auf Fragen zur Todesstrafe Antworten, die darauf schließen lassen, dass fälschlicherweise davon ausgegangen wurde, dass die Todesstrafe in Österreich nach wie vor existiert und praktiziert wird. Dieses Mal, mit größerem Sample und repräsentativerem Querschnitt, waren es sogar 18 Prozent.
Diese falsche Annahme stand dabei insbesondere mit dem Ausmaß des Konsums von Crime Shows in Zusammenhang. Heißt konkret: Je größer der Konsum solcher Sendungen bei den Befragten war, umso höher war die Wahrscheinlichkeit, dass fälschlicherweise geglaubt wurde, dass die Todesstrafe in Österreich praktiziert wird. Dieser Zusammenhang war auch dann gegeben, wenn Geschlecht, Alter und Bildung kontrolliert wurde, und ist somit nicht auf diese Faktoren zurückzuführen.
Permanente Speicherprozesse
Fernsehkonsum an und für sich war hingegen – im Gegensatz zur ursprünglichen Studie – nicht mit den Fragen zur Todesstrafe assoziiert.
"Der Effekt, dass so eine hohe Zahl der Befragten fehlerhafte Angaben zur Existenz der Todesstrafe macht, ist offenkundig auf den Konsum von US-amerikanischen Filmen und TV-Serien zurückzuführen", kommentiert Benedikt Till die neue Studie. In US-amerikanischen Krimis wird das amerikanische Justizsystem, in dem die Todesstrafe einen zentralen Stellenwert einnimmt, porträtiert. In Österreich wird die Todesstrafe hingegen seit den 1950-er Jahren nicht mehr praktiziert.
"Menschen speichern andauernd Informationen ab, auch wenn sie fernsehen. Unglücklicherweise vergisst man aber relativ schnell, woher man diese Information hat. Wer viele US-Serien sieht, speichert zahlreiche Informationen zum Justizsystem und der Anwendung der Todesstrafe in den USA ab", beschreibt Till die möglichen zugrunde liegenden Denkvorgänge. Somit könnten die Befragten zu einem späteren Zeitpunkt und in einem anderen Kontext solche Fragen vielleicht wieder richtig beantworten.
Ausgehend von den neuen Erkenntnissen sei es den Forschern zufolge denkbar, dass mit vermehrtem Medienkonsum auch andere Vorurteile, Mythen oder falsches Wissen abgespeichert werden – wie etwa zu gesundheitsbezogenen Themen.
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